achhut  Am 2. Dezember fiel die Temperatur auf dreißig Grad, die vom Frost gesprengten Bäume knallten wie Gewehrschüsse, die Vögel fielen tot aus den Ästen. Ney marschierte jetzt mit dem auf viertausend Mann zusammengeschrumpften Korps des Marschalls Victor zusammen, während er selbst nur noch über hundert Mann verfügte. Aber Victor rückte eines Nachts ab, ohne Ney auch nur einen Mann zu überlassen, und so bestand die Nachhut der größten Armee, die je in den Krieg gezogen war, nur noch aus sechzig Männern, mit denen er Kowno gerade noch rechtzeitig erreichte, um König Murat, dem Napoleon den Oberbefehl übergeben hatte, nach Königsberg abreisen zu sehen. Als Platow vor dem Wilnaer Tor erschien, um die Stadt zu besetzen, raffte Ney eine Handvoll Soldaten zusammen, hauptsächlich deutsche Rekruten, und versuchte, das Nachdringen des Feindes aufzuhalten. Er sah furchtbar aus, denn die wenigen Stunden in Kowno hatten ihm keine Zeit gelassen, etwas für seine Person zu tun und seine Kleidung aufzubessern. Er hatte so viele Patronen abgebissen, daß die Froströte seines struppigen Gesichtes sich durch die Pulverkörner in ein schmutziges Schwarz verwandelt hatte. Zwar trug er noch seinen schönen Pelzmantel, aber der Stoff war vom Blut der Verwundeten, denen er geholfen hatte, und vom Rauch der Lagerfeuer verdorben. Aus seinen Stiefeln schaute das Stroh heraus, mit dem er sie zu trocknen versucht hatte. Obwohl er so viel geschwiegen hatte in diesen Wochen des Grauens, war seine Stimme zu einem hohlen Krächzen geworden. - Friedrich Sieburg, Napoleon. Die Hundert Tage. München u. Zürich 1966 (zuerst 1956) - Friedrich Sieburg, Napoleon. Die Hundert Tage. München u. Zürich 1966 (zuerst 1956)

Nachhut (2)  Bei Jules Michelet, Die Hexe, Leipzig 1863, S. 24 findet sich die rätselhafte Stelle, schreibt der Historiker in der Warteschleife, Xaver Holtzmann: »Einen gab es, der bei einem so großen Schimpf in eine solche Wut geriet, daß er kein einziges Wort herausbrachte; dies war der verratene Roland. Sein ganzes Blut stieg ihm empor und gelangte bis zum Kopfe; seine Augen sprühten Blitze, sein stummer, plötzlich fürchterlich beredter Mund ließ die ganze Versammlung erblassen ... Sie weichen zurück, er aber war tot, seine Adern waren gesprungen; seine Arterien spritzten das rote Blut bis an die Stirn seiner Meuchelmörder.« Hierzu die Anmerkung S. 2.5: »Dies begegnete dem Grafen Avesnes, als sein freies Land zu einem einfachen Lehen und er zum einfachen Vasallen, zum Manne des Grafen Hainaut, erklärt wurde. - Man lese die schaudervolle Geschichte des Großkanzlers von Flandern, der ersten Magistratsperson von Brügge, der nichtsdestoweniger als Sklave gefordert wurde.«

Im Rolandlied heißt es in LVIII, Verse 737-747 und LXI, Verse 761-782 (Oxforder Handschrift): »Die Nacht vergeht, der klare Morgen erscheint... Der Kaiser sitzt stolz zu Pferde. Ihr Herrn Barone, sagt der Kaiser Karl, seht die Gebirgspässe und die engen Straßen: wählt mir einen für die Nachhut! Ganelon antwortet: Roland, meinen Stiefsohn! Ihr habt keinen Baron von gleicher Tapferkeit. Als der König dies hört, sieht er ihn drohend an und hat zu ihm gesagt: Ihr seid der Teufel selbst; wilde Wut ist in euch eingedrungen! und wer soll vor mir bei der Vorhut sein? Ganelon antwortet: Ogier von Dänemark! Ihr habt keinen Baron, der sie besser führen könnte ...

Als Roland hört, daß er zur Nachhut kommen soll, da sprach er zornig zu seinem Stiefvater: Ha, du Schuft, du elender Bastard, du hast wohl geglaubt, mir würde der Handschuh zu Boden fallen, wie dir der Stab, als du vor Karl standest?

Gerechter Kaiser, sprach Roland der Baron, gebt mir den Bogen, den ihr in der Hand haltet! Ich denke, man wird mir nicht vorwerfen können, daß er mir hinfiel, wie Ganelon der Stab aus der Rechten fiel! Der Kaiser hielt sein Haupt gesenkt, er strich sich den Bart und drehte an seinem Schnurrbart; er kann die Tränen nicht zurückhalten.

Danach ist Naimes gekommen; es gab keinen besseren Ritter als ihn am Hofe; er sagte zum König: Ihr habt es wohl gehört; der Graf Roland ist sehr erzürnt: die Nachhut ist ihm bestimmt worden; kein anderer Baron könnte mehr für ihn eintreten; gebt ihm den Bogen, den ihr gespannt habt; und findet sehr gut Hilfe für ihn! Der König gibt ihm den Bogen, und Roland hat ihn entgegengenommen.«

Man weiß, daß Rolands Stiefvater Ganelon als Gesandter Kaiser Karls zum Sarazenenkönig Marsilius geschickt worden ist, eine Gesandtschaft, die mit Todesgefahr verbunden ist. Er hat sich nur dadurch gerettet, daß er sich mit Marsilius gegen die Partei der Kriegstreiber am fränkischen Hof verbindet - diese, deren Anführer der von Ganelon gehaßte Sticfsohn Roland ist, muß die Nachhut des Heeres bilden, von Marsilius überfallen und geopfert werden. Die Feindschaft zwischen den beiden Baronen: dem Stiefsohn Roland und dem Stiefvater Ganelon, liegen alte Vermögensstreitigkeiten zugrunde. - (klu)

 

Feldzug Fliehen

 

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