ythenmacherei Mysteriös war das Verschwinden Enrique Mario Malitos, des Anführers der Gruppe. Niemand weiß wirklich, was mit ihm in den Stunden nach der Belagerung der Wohnung geschah. Es gibt verschiedene Vermutungen über sein Schicksal, aber ich habe die Intrige respektiert, die die handelnden Figuren gesponnen haben. Manche sagen, daß er sich von der Bande trennte, als sie beim Wechseln der Kennzeichen des Studebakers erwischt wurden, und daß er in dem Hillman saß, der kurz vor dem Schußwechsel mit der Polizei auf der Calle Marmarajá davonfuhr. Er hatte für den nächsten Tag eine Verabredung mit Brignone getroffen, aber durch die Serie der Verhaftungen und die Belagerung der Wohnung brach die Verbindung ab. Die wahrscheinlichste Version besagt, daß ihm trotz seiner Isolierung die Flucht gelang und er nach Buenos Aires übersetzte, wo er 1969 bei einer Schießerei in Floresta starb. Der ausgefallensten Version zufolge floh er beim Eintreffen der Polizei über die Dächer des Gebäudes in der Calle Herrera y Obes und hielt sich zwei Tage lang in einem Wassertank versteckt, um sich schließlich nach Paraguay abzusetzen, wo er bis zu seinem Tod (nach einem Krebsleiden) im Jahr 1982, unter falschem Namen (Anibal Stocker, sagen die Quellen) in der Hauptstadt Asunción lebte.
Der Gaucho Dorda erholte sich unterdessen von seinen
Verletzungen, wurde nach Buenos Aires ausgeliefert und starb im darauffolgenden
Jahr, er wurde bei einer Meuterei im Gefängnis Caseros getötet (offenbar liquidiert
von einem eingeschleusten Polizisten). - Nachwort
zu: Ricardo Piglia, Brennender
Zaster. Berlin 2001
Mythenmacherei (2) Kurz nach der
Regenzeit hatte sich das Gerücht verbreitet, eine
Gruppe Ausländer habe in der Wüste, nicht weit vom »Pfad der Vorfahren«, ihre
Zelte aufgeschlagen. Sie waren mit einem großen Transporthubschrauber vom Himmel
heruntergekommen, aber man verstand nicht, warum sie sich ausgerechnet jene
Stelle zum Bleiben ausgesucht hatten. Es waren Männchen,
die Motorradbrillen trugen, um sich vor dem Sand zu schützen, und sie verbrachten
ihre Tage damit, die Dünen anzuschauen. Ja, sie anzuschauen: Jeder stand still
und beobachtete, wie die Sandkörner vom Kamm einer Düne hinunterrutschten, bis
die Linie des Kamms so fein wurde wie eine Klinge und bei der geringsten Brise
zerfiel. Die Hirten, die dort vorbeikamen, hatten das Gerücht verbreitet, die
Männchen würden von morgens bis abends ununterbrochen die Dünen anschauen. Aber
im Lauf einer Woche war eine neue Interpretation entstanden, und dann hieß es,
die Männchen gingen auf Eidechsenjagd: Es handelte sich um die riesigen Eidechsen,
die am Ende der Regenzeit aus den feuchten Tiefen des Erdbodens hervorkamen,
um an der Erdoberfläche ihre Eier zu legen. Es hieß, die Männchen würden ihnen
auf der anderen Seite der Düne auflauern, um sie mit besonderen Netzen einzufangen,
sobald sie ihren Kopf aus dem Sand steckten. Daraus entstanden verschiedene
Legenden über die Männchen mit Motorradbrille, und in der Zeit machten die Geschichtenerzähler
hervorragende Geschäfte.
- (fata)
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