üßiggang,
tätiger
Charles Pigault-Lebrun (1753-1835) entstammte einer altadeligen
Familie. Sein Vater, Pigault de l'Epinoy, war Rieh- ter am Stadtgericht zu Calais.
Ein unruhiger, rastloser spöttischer Geist, der mit allen hätte anbinden wollen,
ein Mensch, der am liebsten einem tätigen Müßiggang gefrönt hätte und als Verfasser
von Spottgedichten oder als Offizier glücklich gewesen wäre, mußte er auf Wunsch
seines Vaters nach London gehen und dort eine kaufmännische Lehre durchmachen.
Er verstand es, sich das Wohlwollen seines Lehrmeisters zu erwerben, und wurde
nach Indien geschickt. Doch hatte er zuvor dessen Tochter
verführt und nahm sie heimlich mit. Da das Schiff mit Mann und Maus unterging
und nur wenige gerettet werden konnten, wagte Pigault nicht, nach London zurückzukehren.
In Calais aber ließ ihn sein empörter Vater für zwei Jahre ins Gefängnis sperren.
Wieder frei geworden, trat er in die Truppe der Gendarmerie d'élite ein. Das
ungebundene Leben dieser Truppe sagte ihm sehr zu; doch endete auch diese Laufbahn
mit einem Skandal, einem Massenduell, und Pigault kehrte aufs neue nach Calais
zurück. Von hier entfloh der ewige Tunichtgut
abermals mit einer jungen Dame. Wiederum setzte man ihn in Haft. Zwei Jahre
später trat er in eine Schauspieltruppe ein, wurde jedoch, mit Recht, vom Publikum
ausgepfiffen. Dauernd auf der Flucht vor den erzieherischen Maßnahmen des Vaters,
schlug er sich mit Schauspielerei und Stundengeben durch, bis die Bastille erstürmt
wurde. Von nun an betätigte sich Pigault als Schriftsteller, verfaßte eine stattliche
Anzahl Theaterstücke und Romane und kam als Lektor und Bibliothekar nach Westfalen
an den Hof des lustigen Königs Jerôme, des Bruders Napoleons. Dummerweise gab
er sich dazu her, für den Luftikus auf dem Thron einen unverschämten Antwortbrief
an seinen kaiserlichen Bruder zu verfassen. Pigault wurde für drei Monate gefangengesetzt
und kehrte bald darauf nach Paris zurück, wo er eine Stelle als Inspecteur
des salines erhielt.
- Walter Widmer, Nachwort zu Meistererzählungen
des französischen Rokoko. München 1962
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