orgen, guter   Schon beim Aufstehen, wenn die warme Luft aus dem Garten durch das Fenster meines Schlafzimmers wie durch den Rost eines großen Ofens drang, pflegte mein erster Blick dem Thermometer zu gelten, und der Gedanke, daß sie wohl nicht umhin können würden, ausfallen zu lassen, erweckte jedesmal meine Heiterkeit.

Gewiß erinnern wir alle uns gern solcher Tage, deren erster Gedanke ein heiterer war. Die frühen Sonnenstrahlen, die Mannigfaltigkeit des draußen erwachenden Lärms, das Zimmer, seine Möbel und selbst seine Wände, dies alles scheint von einem neuen Sinn erfüllt, der uns ganz und gar umgibt und mit jedem Atemzuge tiefer durchdringt. Die Entdeckung, daß das Leben aus seiner Nüchternheit herausgetreten ist, strahlt auf seine kleinsten Einzelheiten aus, und mit Erstaunen bemerken wir das Vergnügen, das darin liegt, eine Krawatte zu binden oder den Hausgenossen Guten Morgen zu wünschen.

Mit sechzehn Jahren gar besitzt diese Fröhlichkeit, die uns zuweilen beglückend überfällt, ihren besonderen Reiz. Sie ist zwar nicht mehr die ganz in sich geschlossene Freude des Kindes, dafür aber ist auch jene Zeit des Überganges vorbei, in der uns ein quälendes Mißverhältnis, das sich zwischen uns und der Welt aufwirft, bedrückt. Das Bewußtsein hat sich befestigt, und damit freuen wir uns nicht nur, sondern wir freuen uns zugleich über uns selbst. - (ej)

 

Morgen

 

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