onokel    Zur Ausstattung des Dandy gehorte ein Accessoire, an dem sich die Geister schieden: das Monokel. Kritiker monierten, das Tragen der »Kompottschale« sei ein Nationalübel und »absolut Talmi«, Verfechter verwiesen hingegen auf seine erzieherische Wirkung. Der Monokelträger, so die Etikette, müsse seine Gesichtsmuskeln, sprich seine Affekte beherrschen, eine natürliche Würde ausstrahlen und einen Dunstkreis des Respektes um sich verbreiten. »Es gibt Menschen, die ihrer Weltanschauung ihr Monokel verdanken. Die tragen es zu unrecht. Aber es gibt solche,  die ihrem Monokel die Weltanschauung verdanken. Für die ist seine Benutzung Pflicht.«

Das Monokel verlieh dem Dandy den distanzierten und distanzierenden Blick und schärfte die Beobachtung der Umwelt. Die durch das Einklemmen der »Scherbe« verursachte Grimasse konnte auch zum Ausdruck zynischer Menschenverachtung eingesetzt werden. George Grosz:

Raoul Hausmann

»Mein Freund Raoul Hausmann grinst araberhaft, klemmt das Monokel (Moo-noo-k-le!) in die Falte zwischen seiner brutalen Fresse und dem schiefsitzenden Auge.«   - Aus: Peter-Klaus Schuster (Hg.), George Grosz - Berlin New York. Ausstellungskatalog Berlin 1994

Monokel (2)   In einer grotesken Beschreibungssequenz porträtiert Proust die aristokratischen Besucher einer Soiree bei Madame de Sainte-Euverte ausschließlich über ihre Monokel: Der eine bekommt durch seines eine »scheinbar einäugige Zyklopenstirn«, der nächste trägt hinter seinem Monokel »einen von unendlich vielen feinen Liebenswürdigkeitspartikeln wimmelnden Blick« wie ein »naturwissenschaftliches Präparat unter einem Mikroskop«, ein weiteres Monokel ist »winzig und randlos« und gibt dem verzweifelt um Halt bemühten Gesicht seines Besitzers »einen Ausdruck zartsinniger Schwermut«, während das letzte Monokel von einem »enormen Ring« umgeben ist und den Schwerpunkt eines Gesichts bildet, »das jeden Augenblick seine Züge neu um diesen herumgruppierte«. Das Monokel ersetzt als künstliches Auge die beiden natürlichen seines Trägers und konzentriert dabei dessen ebenso künstlichen, affektierten Charakter auf einen einzigen Punkt, auf eine winzige, aber das ganze Gesicht beherrschende Maske. Die Monokel verzerren aber nicht nur die Gesichter, sondern sie stehen auch für die unendliche Vielfalt der verschiedenartigen, nie das »normale«, objektive Mittelmaß treffenden menschlichen Blickwinkel. Entweder zu klein oder zu groß. - Ulrike Sprenger, Proust-ABC. Leipzig 1997

Monokel (3)  Am überraschendsten  Jochen Klepper — denn er hatte es für notwendig gehalten, sich ein Einglas anzuschaffen, eins mit schwarzem Hornrand und einem Band daran. Damit las er seine Zeitschriften und Manuskripte. Und so konnten denn unsere Gäste von draußen aus dem Lande, aus den Gemeinden, oftmals ein heftiges Erschrecken nicht verbergen, wenn sie ihm gegenübertraten! Er war aber wirklich nicht arrogant, der liebe Freund, das Monokel täuschte derartiges nur vor — er errötete leicht und sah den fremden, meist durchs schwarze Tuch des Anzugs schon sein Amt verratenden Mann aus sanften braunen Augen freundlich und schüchtern an. Schließlich haben wir, seine beiden Freunde, uns dann doch ein Herz gefaßt und ihm zugeredet, um des friedlichen Schlummers der Besucher willen, die nun einmal, wenn sie zum Direktor wollten, an Kleppers Platz vorüber mußten — auf den Schmuck oder die Hilfe des Einglases zu verzichten. Er tat es — vielleicht doch mehr uns zuliebe als den Besuchern, was denn auf sich beruhen mochte. Es ist gar nicht so einfach für einen angehenden homme de lettres, in einem kirchlichen Institut zu arbeiten. - Kurt Ihlenfeld, Freundschaft mit Jochen Klepper.  Witten und Berlin 1958

Monokel (4)  

Monokel (5)

Deutsche Eisenbahnerin, ca. 1910

- N.N.

Monokel (5)

- Helmut Newton

Monokel (6)

 

Brille Blick Dandy

 

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