Monat, gesegneter  Die mittleren und niederen Schichten beachten die Verpflichtungen dieser Jahreszeit, so schwer es ihnen auch, fallen mag, mit übertriebener Hingabe; unter all denen, die an der völligen Abstinenz sehr zu leiden hatten, begegnete ich nur einem, der bereit gewesen wäre, etwas zu essen, um sein Leben zu retten. Selbst Sünder, die regelmäßig Alkohol trinken, ziehen es vor, während des Ramadan zu fasten und zu beten. Ähnlich der Fastenzeit in Italien oder Griechenland, besteht der Haupteffekt des ›gesegneten Monats‹ darin, die Laune der Gläubigen zu trüben, bis sie gänzlich der Verzweiflung anheimfallen. Ihre Stimmen, ansonsten auch nicht gerade sanft, bekommen im Laufe des Nachmittags einen schrecklich harschen und schnarrenden Ton. Die Männer verfluchen einander1 und schlagen die Frauen, die Frauen schlagen und beschimpfen die Kinder, und diese behandeln ihrerseits Hunde und Katzen mit besonderer Grausamkeit und überschütten sie mit Flüchen. Es dauert keine zehn Minuten, bis man in einem der dichtbevölkerten Stadtviertel Zeuge eines häßlichen Streits wird. - Sir Richard Francis Burton, nach: Ilija Trojanow, Nomade auf vier Kontinenten. Auf den Spuren von Sir Richard Francis Burton. München 2008 (zuerst 2007)

 1 Selbstverständlich ist es den Moslems im Ramadan streng untersagt, sich zu streiten und zu beleidigen oder irgendwelche schlimmen Wörter in den Mund zu nehmen. Sollte ein Gläubiger einen anderen beleidigen, hat der letztere dreimal zu beteuern: »Ich faste«, bevor er eine Antwort gibt. So lautet das weise Gesetz. Aber die menschliche Natur in Ägypten, wie auch anderswo, ist stets bereit, den Geist des Gesetzes dem Buchstaben zu opfern, und so erfüllt sie peinlichst genau die physischen Anforderungen und verwirft die Moral, so als sei sie die Hülle und nicht der Kern.

 

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