Moloch, weiblicher   Auf den Schultern  Poldas und Paulinas, der beiden Näherinnen, getragen, kam eine schweigende und reglose Frau ins Zimmer, eine Dame aus Werg und Leinen mit einer schwarzen Holzkugel an Stelle des Kopfes. Doch in der Ecke zwischen Tür und Ofen aufgestellt, wurde die stille Dame zur Herrin der Situation. Aus ihrer Ecke heraus beaufsichtigte sie, regungslos dastehend und schweigend, die Arbeit der Mädchen. Kritisch und ungnädig nahm sie die Bemühungen und Liebedienereien entgegen, wenn die beiden vor ihr niederknieten, um ihr die mit weißer Heftnaht markierten Kleiderteile anzumessen. Behutsam und geduldig bedienten die beiden das Idol, das durch nichts zufriedenzustellen war. Dieser Moloch war unerbittlich, wie nur ein weiblicher Moloch es sein kann, und schickte sie fortwährend abermals an die Arbeit zurück, und die beiden Frauen, spindelförmig und schlank wie hölzerne Spulen, von denen man Fäden abwickelt, und ebenso geschwind, hantierten mit anmutigen Bewegungen über dem Haufen von Seide und Tuch, fraßen sich mit klappernden Scheren in die bunte Masse hinein, traten mit den billigen Lackflißchen das Pedal, daß die Maschinen ratterten, und ringsum wuchs ein Haufen Abfälle, verschiedenfarbige Fetzen und Lumpen, wie ausgespuckte Hülsen und Spelzen um zwei verwöhnte und verschwenderische Papageien. Die krummen Kiefer der Schere öffneten sich kreischend wie die Schnäbel dieser bunten Vögel.   - Bruno Schulz, Die Schneiderpuppen. Nach (bs2)
 
 

Moloch Weiblichkeit

 

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