örderspiel   Es kam manchmal vor, daß jemand sich das Recht des Mörders anmaßte, ohne durch das Los dazu bestimmt zu sein; eben nur so, um Verwirrung zu stiften. Ich nahm an, daß es auch diesmal so sei, und eilte laut protestierend zu der Stelle, wo ihr Körper am Boden lag. Doch schon bevor ich dort war, erkannte ich auf den Gesichtern derjenigen, die vor mir eingetroffen waren, größte Niedergeschlagenheit oder, besser, größte Verblüffung. Alle diese jungen Menschen hatten den Ausdruck tiefster Betroffenheit von Unschuldigen, Gedemütigten, Erschütterten, waren wie Geschöpfe, die man hintergangen hatte. Alle schwiegen sie und wagten kaum zu atmen; erst einen Augenblick später erhoben sich Schreie.

Das Mädchen lag auf dem Rücken, kreidebleich, die Augen geschlossen; ihre Hand lag kraftlos auf der Brust, es war die gewohnte Geste. In der Schlüsselbeinvertiefung, gleich links neben dem Halsgrübchen, steckte bis zum Schaft ein Dolch oder ein Stoßmesser, jedenfalls eine bemerkenswert große Waffe, deren Griff einen schwachen Schatten auf die blaugewordenen Lider des Opfers warf. Als man dieses Messer herauszog, quoll das Blut in Strömen aus der Wunde.

Nun ist die Geschichte wirklich zu Ende. Unnötig hinzuzufügen, daß der Mörder nie gefunden wurde.  - Tommaso Landolfi, Das Mörderspiel, nach (land)

 

Mörder Spiel

 

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