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Thorstein Veblen, Theorie der feinen Leute. Eine ökonomische Untersuchung
der Institutionen. München 1971 (zuerst 1899)
Mode (2) Wie sich die moralischen
Gesamt-Urteile verschoben haben! Diese größten Wunder der antiken Sittlichkeit,
zum Beispiel Epiktet, wußten nichts von der jetzt üblichen Verherrlichung
des Denkens an andere, des Lebens für andere; man würde sie nach unserer moralischen
Mode geradezu unmoralisch nennen müssen, denn sie haben sich mit allen Kräften
für ihr ego und gegen die Mitempfindung mit den anderen (namentlich mit deren
Leiden und sittlichen Gebrechen) gewehrt. Vielleicht, daß sie uns antworten
würden: „habt ihr an euch selber einen so langweiligen oder häßlichen Gegenstand,
so denkt doch ja an andere mehr als an euch! Ihr tut gut daran!" -
(
mo
)
Mode (3) - Als Den Schlüssel für Leben
& Geist glaubte ich auch Diebücher, die ich neben den Fachbüchern mir zu
lesen gab: Verschmelzung von Filosofie & Literatur als Schutzwall gegen
die eigene Unsicherheit, verziert mit Begriffs-Ornamentik. !Heute - (sie strich
Haarsträhnen aus ihrer Stirn) -Achheute sehe ich: Das war nichts als 1 Mode=unter-vielen.
Die kam&ging, u: ließ, was zuvor hoch=hinauf in den Himmel der Aufgeregtheit
gezogen, ebensorasch wieder fallen. Das !kannte & !das wußte ich ja, u:
hatte nur nicht begriffen, daß auch Das, woran ich hing, ohne Unterschied~!genau!so
den Moden ausgeliefert war wie Platt-O-Sohlen, Batikhemden od Prilblumen. Kaum
von der Nabelschnur abgeschnitten, hängen wir uns mit Feuereifer an alles=mögliche
Zeug - Sex Geld Karriere
Familie-Gründen Lifestyle Fußball Sozialismus
Kapitalismus Kino Zocken Saufen Homöopathie Zen
Feminismus Joggen Popmusik Kunst Koksen Feten-feiern
Ökoessen Kirche-gehn Umweltschützen Kinderhilfswerk Töpfern Alleine-Mutter-werden
Kegeln Selbstmord - :Es
gibt Nurmode, sonst gibt es Garnichts. Aber Jedemode ist ja unmodern sobald
sie Mode geworden ist. Also gibt es Nur-Nichts: Trödlerläden, vollgestopft
mit Altenhüten. Stehen&liegen gelassen, u: 1-Leben—lang nicht 1 Schritt
weitergekommen. - (jir)
Mode (4) Zu Montesquieus Zeiten
waren die Frisuren so hoch, daß es, wie er witzig bemerkt, aussah, als ob die
Gesichter in der Mitte der menschlichen Gestalt ständen; bald nachher wurden
die Hacken so hoch, daß es aussah, als ob die Füße diesen sonderbaren Platz
einnähmen. Auf eine ähnliche Art waren, mit Montesquieu zu reden, vor einer
Handvoll Jahren, die Taillen so dünn, daß es aussah, als ob die Frauen gar keine
Leiber hätten; jetzt im Gegenteil sind die Arme so dick, daß es aussieht, als
ob sie deren drei hätten. - Heinrich von Kleist
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