itteilungsfreude
Einmal konnte ich es mir nicht verkneifen, ihn nach der Ursache des
üblen Geruches zu fragen. Aber da hatte ich etwas Schönes angerichtet! Anstatt
in Verlegenheit zu geraten, erklärte er mir ganz kaltblütig, ja sogar mit einem
Anflug von Stolz, daß er arge Schweißfüße hätte. »Weisch, so Schweißfüeß wie
i hab, dös isch direkt a Seltenheit, do hawe sich sogar die Ärzt' schon drüber
g'wundert! Im Sommer faule mir grad meine Strumpf von de Füeß, wenn i Obends heim
komm' kanne meine Socke auswinde' wia ein nasse Putzlappe; i stehe als förmlich
im Wasser, als ob i n' Fueßbad nemme tät, do halte net amol d' Stiefelsohle
stand, die falle grad ra wia fauler Zunder!« Und nun erzählte dieser Kerl eine
geschlagene Stunde von nichts anderem als von seinen Schweißfüßen, er erging
sich in Diagnosen über die mutmaßliche Herkunft dieses Übels, er verbreitete
sich über Schweißfüße im allgemeinen und ihre Bekämpfung, schweifte ab in das
Gebiet der übrigen Hautkrankheiten, kehrte wieder zum ursprünglichen Gegenstand
zurück, zählte mir sämtliche Mittel gegen dieses Gebrechen auf, demonstrierte
ihre Anwendung recht anschaulich am Objekt, indem er von Zeit zu Zeit den Fuß
direkt vor meiner Nase auf die Bank legte, von dem mir eine Welle von Gestank
entgegenschlug, kurz er war in freundlichster Weise bemüht, mir einen gründlichen
und unvergeßlichen Anschauungsunterricht in dieser Materie zu erteilen. Stumm,
mit einem kotzigen Gefühl im Magen hörte ich zu, nur hie und da wagte ich eine
sachliche Frage dazwischen zu werfen, die er mir auch immer mit so breiter Ausführlichkeit
beantwortete, daß in meinem Kopfe allmählich das Bild einer ungeheuren Schweißfüßlerwelt
entstand. -
Rudolf Schlichter, Das widerspenstige Fleisch. Berlin 1991 (zuerst 1932)
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