Rabbi Small blieb vor dem Bücherregal stehen und ließ den Blick über die dicken Lederbände des Talmud wandern. Schließlich zog er einen Band hervor, setzte sich damit an seinen Arbeitstisch und blätterte, bis er die gesuchte Stelle fand. Dann wandte er sich Goralsky zu:
«Ich sagte Ihnen schon, daß Sie nicht an Ihr Versprechen gebunden sind, wenn es etwas Unmögliches oder etwas Verbotenes ist - erinnern Sie sich?»
«Natürlich... Es ist nicht unmöglich, den Anbau zu machen. Ist es verboten?»
Der Rabbi lächelte. «Ich meine, daß auf diesen besonderen Fall das Schatnes-Verbot zutrifft.»
«Schatnes! Hat das nicht mit Kleidung zu tun? Daß man Leinen und Wolle nicht mischen darf?» '
«Das ist die übliche Anwendung, ja. Aber in der Bibel taucht die Vorschrift auch in anderem Zusammenhang auf, an zwei Stellen sogar - im Dritten Buch Mose im Zusammenhang mit dem Verbot, verschiedene Vieharten zusammen weiden zu lassen und gemischte Samen zu säen. Und im Fünften Buch Mose steht, daß Ochs und Esel nicht zusammen vor dem Pflug gehen dürfen...» Er verfiel in einen Singsang: «Wenn die Bibel das gleiche zweimal sagt, kann es entweder bedeuten, daß es ein sehr wichtiges Gebot ist oder daß verschiedene Auslegungsmöglichkeiten gegeben sind. Aber hier ist an den beiden Stellen eben nicht genau das gleiche gesagt; wir können es also so auslegen, daß es generell verboten ist, zwei verschiedenartige Sachen zu mischen...»
Er lehnte in seinem Stuhl zurück und sprach mit seiner gewöhnlichen Stimme weiter: «Sie werden fragen, wo liegt da die Grenze? Wir haben es täglich mit allen möglichen Mischungen zu tun - Lederschuhe mit Gummisohlen, Häuser aus Holz und Stein. Derlei ist nicht zu vermeiden. Wir brauchen also einen Maßstab, mit dem wir bestimmen können, wo die alte Regel sinnvoll und anwendbar ist und wo nicht. Und was wäre ein besserer Maßstab als der gesunde Menschenverstand - wozu hätte Gott ihn uns sonst gegeben? Nein, Ihr erster Einwand gegen Schwarz' Projekt war, daß die beiden Gebäude verschieden im Stil sein und nicht zusammenpassen würden; Sie empfanden es von Anfang an als störend: Somit erkläre ich es als ein Beispiel von Schatnes und deshalb für verboten.»
Der Alte kratzte sich am Kopf; langsam breitete sich ein Lächeln
auf seinem runzligen Gesicht aus. «Und im Friedhof steht das Gebäude allein
... Rabbi, es ist zwar ein Pilpul, aber... Wissen
Sie, jetzt ist mir auf einmal viel wohler.» - Harry Kemelman, Der Rabbi schoß
am Donnerstag. Reinbek bei Hamburg 1979 (rororo thriller 2500, zuerst 1978)
Ein Pfiff wie von einer Lokomotive und ein Dampfstrahl lösen sich aus der
Kaffeemaschine, die der alte Wirt unter Druck setzt, als gebe er ein Signal.
So scheint es zumindest im Fortgang der Sätze des zweiten Absatzes, worin die
Spieler an den Tischen ihre aufgefächerten Karten vor der Brust zusammenschieben
und sich mit dreifacher Drehung - des Halses, der Schultern, des Stuhls - dem
Neuankömmling zuwenden, während die Gäste am Tresen ihre Täßchen heben und auf
die Kaffeeoberfläche blasen, Lippen und Augen halb geschlossen, oder mit übertriebener
Vorsicht, um nichts zu verschütten, die Schaumkrone von ihren Biergläsern schlürfen.
Die Katze buckelt, die Kassiererin schiebt ihre Registrierkasse zu, es macht
pling. - Italo Calvino, Wenn ein Reisender
in einer Winternacht. München 2007 (Zuerst 1979)
- Empedokles, nach (
loe2)
Mischung (4) Nach dem im Timaios erzählten Mythos hat der Demiurg die Weltseele zusammen mit dem Kosmos erschaffen. Dies vollbrachte der Demiurg, indem er Unterschiedliches in einem komplexen, aus vier Schritten bestehenden Prozess in einem Mischkrug mischte. Aus unteilbarem und teilbarem Sein bildete er eine dritte Seinsform, aus unteilbarem und teilbarem Identischem eine dritte Form des Identischen, aus unteilbarem und teilbarem Verschiedenem eine dritte Form des Verschiedenen. Diese drei Mischungen verband er dann in einem vierten Schritt zur Weltseele. Dank dieser Mischung enthält die Weltseele Elemente von allem und wird dadurch in die Lage versetzt, alles wahrzunehmen und zu erkennen. Ihr steht die Herrschaft über den Weltkörper zu, so wie der Einzelseele des Individuums die Herrschaft über dessen Körper. Die Weltseele durchdringt und umgibt den Körper des Kosmos, seine Materie. Sie ist die vermittelnde Instanz zwischen der rein geistigen Ideenwelt und dem physischen Weltkörper.
In den Nomoi prüfte Platon die hypothetische
Möglichkeit, dass die Weltseele auch Schlechtes hervorbringen kann oder dass
es zwei Weltseelen gibt, von denen die eine Gutes, die andere Schlechtes bewirkt.
Da die Himmelsbewegungen geordnet und daher mathematisch beschreibbar sind,
schloss er diese Möglichkeit aus, denn er war davon überzeugt, dass eine schlechte
Weltseele nur Chaos erzeugen könnte. -
Wikipedia
|
||
|
|
|
|
|