inett machen   »›Er ist so freundlich / und sie ist so nett /‹ «, begann er zu singen, » ›sie ziert sich nicht lange / und macht ein Minett!‹ Das ist ein Totengräberlied.« Die Toten ›machen Minett‹, sagen wir. Das ist auch so eine Redewendung, die keiner versteht!« sagte er nachdenklich, jetzt wieder bei seinem Lieblingsthema. - »Warum ›Minett‹? - Es war die Pflicht von uns Totengräbern, den Verstorbenen einen Stein in den Mund zu legen? - Warum? Um den Verwesungsbeginn zu beschwören? Aus einem ähnlichen Grund, weshalb man uns Photographien des Toten zum Aussuchen brachte? - Ich habe auch eine Photographie Ihres Vaters da«, sagte er, »er war ein Freund zu mir.« Der Wasenmeister stand auf und ging zu einem der beiden Betten, die Kopf an Kopf an der anderen Wand standen. Er hob den Überwurf, der wie der Vorhang in einem Kinderzimmer mit ballspielenden Seehunden, spitzen Zauberhüten, in die Luft geschleuderten Spazierstöcken, Elefanten und dicken Negerkindern verziert war, auf und holte eine schwarze, mit roten Blumen bemalte Holzkassette darunter hervor, in der er eine Weile vergeblich herumwühlte. »Ich weiß nicht, ich finde es im Augenblick nicht. - Was heißt nun ›Minett machen‹ wirklich?« fing er wieder an. » ›Minette‹ ist ein keltisches Wort und bedeutet dort ›die Erzader‹. - Wo ist der Zusammenhang? Die Steinoblate? - Ist es eine Umkehrung der christlichen Hostienspendung? - Typisch für die Bieresch, daß sie den lebendigsten aller Riten in sein Gegenteil verkehren und für die Gelegenheit von Totenfesten aufheben.   - Klaus Hoffer, Bei den Bieresch. Frankfurt am Main  1986 (zuerst 1979/1983)
 
 

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