ikroben Der
Herzog Fausto Villadora war eine alles andere
als unbedeutende Persönlichkeit, Eigentümer so vieler Gärten, Weinberge, Häuser
und Palmenhaine, daß er schon selbst den Überblick verloren hatte. Diese Gärten
waren allerdings verwildert, und wenn wahr ist, daß der Blick des Besitzers
die Felder fett macht, so mußten die seinen vollkommen dürr sein. Das Auge des
Besitzers ruhte schon seit Jahren nicht mehr auf seinen Feldern, sondern starrte
in den Spiegel, um das Gesicht, zu dem es gehörte, genau zu erforschen. War
die Stirn nicht zu blaß und die Nase nicht zu spitz?
Dieser reiche Herr achtete seit langer Zeit so ängstlich und besorgt darauf,
bloß nicht zu sterben, daß ihm dabei der Appetit vergangen war und er keinen
Schlaf mehr fand. Nicht, daß er krank gewesen wäre. Aber mußte man denn wirklich
krank sein, um zu sterben? Und dann, welcher Mensch ist schon vollkommen gesund?
Die Mikroben greifen von allen Seiten an, zu Millionen, zu Milliarden, es gibt
überhaupt nichts, das nicht mit Mikroben bedeckt wäre. Sie sind unsichtbar und
lautlos, der reiche Herr hätte aber nicht mehr behaupten wollen, sie nicht zu
sehen und zu fühlen. Er fühlte sie nachts über sein Kissen und die Decken krabbeln,
er hörte sie um den Kern des Pfirsichs säuseln, der auf dem Nachttisch noch
in einer Schale lag. Richtiggehend sehen konnte er sie an sich nicht, manchmal
blitzte aber etwas in seinem Mund auf und dann blies er, egal wo er sich gerade
befand, im Theater oder in einem Café, stark vor sich hin um diese Millionen
Dingerchen, die seinen Tod wollten, zu verjagen. - (
branc2
)
Mikroben
(2) Ein Fame entdeckte, daß die Tugend
eine runde und vielbeinige Mikrobe ist. Augenblicklich flößte er seiner Schwiegermutter
einen großen Löffel Tugend ein. Die Folgen waren grauenhaft: diese Dame unterließ
ihre bissigen Kommentare, gründete einen Klub zum Schütze verirrter Alpinisten
und betrug sich in weniger als zwei Monaten so musterhaft, daß die Fehler ihrer
Tochter, die bis dahin unbemerkt geblieben, zur großen Bestürzung und Verwunderung
des Famen in den Vordergrund traten. Es half nichts, er mußte seiner Frau einen
Löffel voll Tugend geben, woraufhin sie ihn noch in der gleichen Nacht verließ,
weil sie ihn grob, unbedeutend und überhaupt verschieden von den sittlichen
Leitbildern fand, die ihr unaufhörlich vor Augen schwebten. -
(
cron
)
Mikroben (3)
|
||
|
||