Meßkunst

esskunst Ich will dies auffallende Beispiel griechischer Eitelkeit dem Leser nicht vorenthalten. Dionysiodorus war aus Melus und zeichnete sich in der Geometrie sehr aus. Er starb als Greis in seinem Vaterlande, und diejenigen Verwandten, denen seine Erbschaft zufiel, besorgten sein Begräbnis. Als diese am folgenden Tage die herkömmlichen Gebräuche verrichteten, sollen sie in seinem Grabe einen Brief, von Dionysiodorus an die Oberwelt geschrieben, gefunden haben, worin es heißt, »er sei von seinem Grabe aus in das Innerste der Erde gelangt, und die Entfernung bis dahin betrage 42 000 Stadien«. Es fehlte nicht an Geometern, welche erklärten, der Brief sei vom Mittelpunkt der Erde aus geschickt, bis dahin sei von der äußersten Oberfläche die weiteste Strecke, und letztere also die Hälfte des Erddurchmessers. Hieraus hat man nun berechnet, daß der Umfang der Erde 252 000 Stadien betrage.

Eine harmonische Berechnung, welche eine gleichförmige Übereinstimmung der Natur voraussetzt, fügt zu obengenanntem Maße noch 12 000 Stadien hinzu, und hiernach ist somit die Erde der 96. Teil der ganzen Welt.- (pli)

Messkunst ⁽²⁾ Der Zollstock gehört zu den am häufigsten verwendeten Utensilien in Valentins Sketchen. Mit ihm werden die unterschiedlichsten Gegenstände vermessen - vom Tisch bis zur Brezn -, nur ohne Sinn und Verstand. Die typische Valentin-Figur nimmt es bis auf den Millimeter genau, nur ohne den mindesten Sinn fürs Große und Ganze. Sie ist pedantisch und verbeißt sich verlässlich ins unwichtigste Detail. Valentins komischer Entwurf liegt in dieser immer falsch justierten Präzision, die am Ende stets eine mehr oder weniger katastrophische Inkongruenz erzeugt. Und dieses Unverhältnis zu den Dingen generiert nicht nur Komik, sondern Gewalt, denn in Valentins Welt wird, was nicht passt, mit eigener Hand oder auch sprachlich, passend gemacht, aber stets so, dass es hinterher schon überhaupt nicht mehr zu gebrauchen ist. - Ekkehard Knörer, taz

 
vom 20. Juli 2007

Messkunst ⁽³⁾ Die EU hat Tschechiens Behörden für Peniskontrollen bei homosexuellen Asylbewerbern kritisiert. Bei den Tests wurden Asylbewerbern heterosexuelle Pornofilme gezeigt und ihnen dabei der Blutfluss zum Penis gemessen. Damit sollte nach Prager Angaben überprüft werden, ob die Asylbewerber, die eine Verfolgung wegen Homosexualität in ihrem Heimatland geltend machen, in Wahrheit heterosexuell sind. - TAZ