Pedizinmann  Einst war Taipan ein Mensch. Er war ein sehr guter Medizinmann. Er heilte Leute, die krank geworden waren, weil sie die Knochen der Warane oder Bandikuts verschluckt hatten. Er knetete und massierte ihren Bauch, dann saugte er den Knochen mit seinem Mund heraus und spie ihn aus, und der Kranke war genesen. Manchmal aber, wenn ein Mann zu krank war, sagte er ihm, daß seine Heilkraft ihm nicht helfen konnte, und daß er langsam sterben würde.

Taipan besaß einen Zauberknochen, den er auf seine Feinde deutete, die dann bald darauf starben. Er war sehr klug und weise. Er machte Blitz und Donner. Wenn Unfriede unter seinen Stammesangehörigen herrschte, weil eine junge Frau nicht zu ihrem Ehemann gehen wollte oder weil eine zukünftige Schwiegermutter ihre Tochter nicht hergeben wollte, dann machte Taipan Blitze und Donner, um sie alle einzuschüchtern.  - Märchen aus Australien. Traumzeitmythen der Aborigines. Hg. Anneliese Löffler. München 1992

Medizinmann  (2) Welchen genauen Weg der Medizinmann während seiner Entwicklung nimmt, ist völlig unklar geblieben, und es mag auch in verschiedenen Gegenden verschiedene Wege gegeben haben. Wahrscheinlich war für die meisten Medizinmänner die Umpolarisierung zum geistigen Menschen unerwartet, und sie haben sich weit in die Unendlichkeiten des Geistes verirrt. Sie sind ungeschickt gewesen, von ihren Erlebnissen zu berichten, aber auch wenn diese Berichte deutlicher wären, würden wir sie noch immer nicht verstehen.  - Ernst Fuhrmann, Emanationen. Nach (fuhr)

Medizinmann  (3) »Ich danke dir, Zikali«, sagte ich, »doch ich will nichts mehr mit euren Medizinmännern zu tun haben.«

»Nein, nein, weil du Angst vor ihnen hast - völlig grundlos, übrigens, da sie alle Schwindler sind, alle, außer mir. Ich bin das letzte Kind der Weisheit; die anderen sind nur ausgestopfte Lügen, wie Chaka feststellte, als er jeden einzelnen von ihnen tötete, den er erwischen konnte. Doch es mag vielleicht einen weißen Medizinmann geben, der über weiße Geister herrschen kann.«

»Falls du die Missionare meinst«, sagte ich hastig.

»Nein, Macumazahn, ich meine nicht eure betenden Männer, die aus einer Form gegossen sind und nur mit einem Maßstab messen und nur sagen, was man sie gelehrt hat zu sagen, und nicht selbständig denken.«

»Manche tun das, Zikali.«

»Ja, und dann fallen die anderen mit dicken Knüppeln über sie her. Der wirkliche Priester ist jener, zu dem der Geist kommt, der sich von dessen Hülsen ernährt und durch eine Maske spricht, die von den Vätern seiner Väter geschnitzt wurde. Ich bin so ein Priester, und das ist der Grund dafür, daß alle, die an mich glauben, mich hassen.«

»Falls dem so sein sollte, Zikali, dann hast du ihnen diesen Haß reichlich zurückgezahlt.«   - Henry Rider Haggard, Sie und Allan. München 1985 (zuerst ca. 1910)

Medizinmann  (4)  Weder Bony noch Poppa sprachen, und schließlich blickte der Häuptling in die blauen Augen des Inspektors.

»Du weißt viel«, sagte Bony. Er drehte sich eine Zigarette, beging aber nicht den Fehler, zum Anzünden ein Ästchen aus Gup-Gups Feuer zu nehmen. »Auch ich weiß viel. Ich weiß, warum du das Camp hier aufgeschlagen hast. Das war klug. Ich weiß auch, dass du in deinem Feuer die Zukunft sehen kannst. Du weißt, das; ich ein großer weißer Polizeimann bin und kein schwarzer Spurensucher. Du weißt, dass ich alles sehen kann, was in deinem Kopf vorgeht, und dass ich keine Angst vor Medizinmännern habe.«

»Ich weiß auch, dass du vor langer Zeit beinahe gestorben warst, weil der Medizinmann des Stammes der Kaishut das Deutebein auf dich richtete«, erwiderte Gup-Gup.

Diese Bemerkung versetzte Bony einen ziemlichen Schock, denn die Kalshut lebten sechzehnhundert Meilen entfernt, und der Vorfall hatte sich bereits vor fünfzehn Jahren zugetragen. Doch er ließ sich nichts anmerken. Er wollte gerade etwas entgegnen, als der weniger erfahrene Poppa sich einmischte.

»Zu Alchuringas Zeiten hat ein junger Mann seinen Medizinmann beschimpft«, erklärte er pathetisch. »Der Medizinmann berührte die Zunge des jungen Mannes, zauberte Federn darauf und befahl dem Mann, davonzulaufen. Die Federn wurden zu Schwingen, die ihn auf einen hohen Baum trugen. Da sprach die Zunge: ›Ich bin müde von dieser Fliegerei.‹ Und die Federn sagten: ›Wir sind ebenfalls müde.‹ Und da fielen sie von der Zunge ab, der junge Mann stürzte vom Baum und war tot.«

»Im vergangenen Sommer«, erwiderte Bony seelenruhig, »hat ein Medizinmann einen weißen Polizeimann beschimpft. Der Polizeimann nahm die Hände des Medizinmannes und steckte sie in eine stählerne Fessel. Dann schob er den Medizinmann in einen Affenbrotbaum, schloss die Tür zu und sagte ihm, er solle ruhig ausbrechen, wenn er könne. Nun befand sich der Medizinmann in einer dummen Lage, denn er hatte nicht nur an den Händen, sondern auch an den Fußgelenken Stahlfesseln. Da begann er den Polizeimann mit seinen Zaubersprüchen zu verfluchen, und dabei wurden die Stahlfesseln immer heißer. Schließlich verwandelten sie sich in zwei Schlangen, die ihn in kleine Stücke bissen. Und diese kleinen Stücke entwichen durch einen Riss im Stamm des Baobab und tanzten über die Sanddünen davon, aber niemals mehr werden sie sich zusammenfinden, um einen Medizinmann zu bilden.«  - Arthur W. Upfield, Wer war der zweite Mann?  München 2002 (zuerst 1962)

 

Mediziner Zauberer

 

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