asse   Man soll nicht so viel von den Helden sprechen, auch die Massen haben's in sich. Hätte die Masse nicht solch dickes Fell, könnte sie nicht die vielen Helden ertragen. Auch das Fell ist zu besingen. Die Menge bedarf sogar vieler Helden, denn wenige oder einer dringt bei ihr nicht leicht durch, und sie vernutzt sie rasch. Sie hat nicht viel andere Begierden als Nahrung, Wohlbehagen, Abwechslung, und braucht Höheres. Das liefern die Journalisten und Helden. Und dann hat die Masse aber noch Geduld, eine große Tugend. Und lebt länger als die Führer, eine noch größere Tugend. Sie ist wie ein Elefant, dem sogar ein kleiner Junge einen Kupferpfennig in den Rüssel stecken kann, er schluckt ihn ruhig. Auch darin ähnelt sie dem Elefanten, daß ihr alles zu einem Ohr hinein und zum andern hinaus geht. Ich nehme an, daß zu diesem Zwecke die Ohren beim Elefanten so groß gemacht sind. - (poot)

Masse (2)  Masse, Einsamkeit: gleichwertige Ausdrücke, die der tätige und fruchtbare Dichter miteinander vertauschen kann. Wer seine Einsamkeit nicht zu bevölkern versteht, versteht auch nicht allein zu sein in einer geschäftigen Menge.

Der Dichter genießt das unvergleichliche Vorrecht, nach seinem Belieben er selbst und ein anderer sein zu können. Wie jene irrenden Seelen, die sich einen Körper suchen, geht er, wenn er nur will, in das Wesen jedes Menschen ein. Ihm allein steht alles offen; und wenn manche Plätze ihm verschlossen zu sein scheinen, so nur deshalb, weil sie ihm einen Besuch nicht zu lohnen scheinen.

Der einsame und nachdenkliche Wanderer schöpft einen einzigartigen Rausch aus solcher Verbundenheit mit dem Allgemeinen. Der Mensch, der leicht in der Menge aufgeht, kennt Fieberschauer von Genüssen, um die der selbstsüchtige Ichmensch, verschlossen wie ein Schrein, und der Träge, eingekapselt wie ein Muscheltier, ewig betrogen sind. Er macht sich alle Berufe, als wären es die seinigen, zu eigen, alle Freuden und alles Elend; wie die Umstände es ihm bieten.

Das, was die Menschen Liebe nennen, ist sehr gering, sehr beschränkt und sehr schwach, verglichen mit jenem unsagbaren Rausch, jener heiligen Preisgabe der Seele, die sich ganz und ungeteilt, als Dichtung und barmherzige Liebe, dem Unverhofften, das sich darbietet, dem Unbekannten, das vorübergeht, verschenkt. - Charles Baudelaire, Der Spleen von Paris. In: C. B., Die Tänzerin Fanfarlo und Der Spleen von Paris. Zürich  1977 (detebe 20387)

Masse (3)  

 

Gesellschaft

 

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme