assagestrick
Das Seil kriecht aus der Tür des unbeleuchteten Badezimmers langsam über den
Dielenboden und folgt dem Schatten meiner Füße, während ich mich für das Zubettgehen
fertigmache. Kaum habe ich das Licht gelöscht und die Decke bis zum Kopf gezogen,
ist das Seil in meinem Zimmer und legt sich wie im Spiel um meine Handgelenke
und die Füße. Eine feingliedrige Hanfnatter ohne Zähne. Presse ich die Hände
gegeneinander, schwingt sie sich mit einer solchen Geschwindigkeit in die Luft,
dass rote Brandstriemen auf meinen Armen zurückbleiben. Meine Zimmertür führt
in den Wandschrank. Die Kinder aus der ersten Ehe des Fabrikanten, der unglücklichen
Ehe, die mit dem Tod seiner ersten Frau und seiner fast übermenschlichen Anstrengung
endete, ihren Körper noch handwarm zur Organentnahme freizugeben, diese Kinder,
die ihre Mutter nicht kannten und vom Fabrikanten nur manchmal eine fremde Person
gezeigt bekamen, die angeblich die Niere der Mutter, das linke Auge der Mutter,
die Leber oder Kniescheibe der Mutter besaß, kommen, wenn das Seil seine Dienste
versagt, und nähen mich in mein Bettzeug ein. Der Fabrikant ist zu traurig und
aufgewühlt, um sie, besonders noch des Nachts, überhaupt wahrzunehmen. Sie erinnern
ihn an eine Zeit, die er vergessen möchte. Es sind drei, zwei Mädchen und ein
Junge. Sie tragen Nachthemden und Pantoffeln, und jedes von ihnen hat eine Nadel
mit eingefädeltem Faden in der rechten und hocherhoben ein Stopfei in der linken
Hand. Sie nähen mich ein, während das Seil zurück ins Badezimmer zischelt, wo
es als Massagestrick über der Armatur der Badewanne liegt und auf die Schokolade
wartet, die ihm die drei Kinder, wenn sie ihre Arbeit an mir beendet haben,
im Weggehen zustecken. - (raf)
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