antel Plötzlich
spürte die bedeutende Persönlichkeit, daß ihn jemand äußerst fest am Kragen
packte. Er drehte sich um und bemerkte einen Mann von kleiner Statur in einer
alten, abgetragenen Vizeuniform und erkannte in ihm nicht ohne Entsetzen Akakij
Akakijewitsch. Das Gesicht des Beamten war weiß wie der Schnee und glich ganz
dem eines Toten. Doch das Entsetzen der bedeutenden Persönlichkeit überstieg
alle Grenzen, als er bemerkte, daß sich der Mund des Toten verzerrte, einen
schrecklichen Grabesgeruch verbreitete und folgende Worte sprach: »Ah! da bist
du ja endlich! endlich habe ich dich also sozusagen beim Kragen erwischt! Deinen
Mantel da brauche auch ich! Du hast dich nicht um meinen gekümmert und mich
dazu noch angebrüllt - so gib denn jetzt deinen her!« Die arme bedeutende Persönlichkeit
wäre beinahe gestorben. So charaktervoll er auch in der Kanzlei und überhaupt
vor Untergebenen war, und obwohl jedermann allein schon beim Anblick seiner
männlichen Erscheinung und Figur sagte: »Ho! welch ein Charakter!« - verspürte
er hier doch gleich vielen anderen reckenhaften Erscheinungen eine solche Angst,
daß er nicht ohne Grund befürchtete, irgendeinen krankhaften Anfall erleiden
zu können. Er riß sich selber schleunigst den Mantel von den Schultern und rief
dem Kutscher mit ganz fremder Stimme zu: »Los, so schnell wie möglich nach Hause!«
- Nikolaj Gogol, Der Mantel. In: N.G., Sämtliche Erzählungen. Stuttgart u. Hamburg 1961
Mantel (2)
Exhibitionist in der für ihn charakteristischen Kleidung
- Nach (
erot
)
Mantel (3)
Mantel (4) Watt trug einen Wintermantel, der hier
und da noch grün war. Dieser Mantel hatte beim letzten Mal, als Watt ihn gewogen
hatte, zwischen fünfzehn und sechzehn Pfund Handelsgewicht, dessen war Watt
sicher, da er sich selbst auf einer Waage gewogen hatte, zuerst mit dem Mantel,
dann ohne ihn, der währenddessen auf dem Boden zu seinen Füßen gelegen hatte.
Aber das war lange her, und der Mantel war vielleicht schwerer geworden inzwischen.
Oder er war vielleicht leichter geworden. Dieser Mantel war so lang, daß Watts
Hosen, die er sehr weit trug, damit sie die Form seiner Beine verbargen, den
Blicken entzogen waren. Dieser Mantel hatte ein sehr achtbares Alter für einen
Mantel seiner Art, da er als Gebrauchtmantel gekauft worden war, spottbillig,
von einer ehrenwerten Witwe, durch Watts Vater, als Watts Vater noch ein junger
Mann war und das Automobil noch in seinen Anfängen steckte, also vor ungefähr
siebzig Jahren. Dieser Mantel war seitdem nie, zu keiner Zeit gewaschen worden,
es sei denn unzulänglich vom Regen, und vom Schnee, und vom Hagel, und freilich
von gelegentlichen, flüchtigen Bädern im Kanal, und nie chemisch gereinigt,
nie gewendet, nie ausgebürstet worden, und diesen Vorkehrungen verdankte er
wahrscheinlich seinen Zusammenhalt:. Der Stoff dieses Mantels war, obgleich
überaus abgewetzt und verknautscht, vor allem am Hintern so dick und so fest,
daß er vor jeder Durchlöcherung in des Wortes wahrer Bedeutung bewahrt blieb
und auch nirgends fadenscheinig wurde, es sei denn am Sitz und an den Ellbogen.
Dieser Mantel ließ sich noch von unten nach oben zuknöpfen mittels dreizehn
in Form und Farbe sehr verschiedener Knopfe, die aber ausnahmslos so ungewöhnlich
groß waren, daß der Mantel, wenn er einmal zugeknöpft war, zugeknöpft blieb.
Oben, im Blumen-Knopfloch welkten die Reste einer weinroten künstlichen Chrysantheme
dahin. Samt klammerte sich hier und da noch an den Kragen. Der Rockschoß war
nicht geschlitzt. - (wat)
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