Mann, regungsloser   Ein Wachshölzchen verriet ihm in den vier Ecken des Zimmers das Vorhandensein von vier Pflanzen, deren Wesensart er nicht bestimmen konnte.

Als er einer der Pflanzen mit seinem Streichholz nahe kam, entzündete sie sich und zwar, um es genau zu sagen, die zu seiner Rechten. Sie erleuchtete das Zimmer mit einem schwachen Glanz. „Ich ahnte es", sagte er, „und weitere Unglücksfälle sind zu befürchten."

Er zündete nacheinander alle Pflanzen an, die nichts anderes als Aronsstäbe waren. Ein sanftes, wie durch Milchglas hindurchscheinendes Licht verbreitete sich im Zimmer.

Er wandte sich an den Mann, der bei all diesen verwirrenden Vorgängen gleichgültig geblieben war; „Nun, mein Guter!" Es schlug Mitternacht, und der leichte Druck der Hand auf der Schulter, so vermute ich wenigstens, ließ aus den Augen ein schmales Rinnsal Milch fließen. Der Mann blieb immer noch bewegungslos. Er wollte ihm die Hand geben, fühlte, daß sie warm war, aber er bemerkte, daß sie mit dem Knie, auf dem sie lag, verwachsen war; er wollte ihm die andere Hand schütteln ~ sie war ebenso unbeweglich wie die erste. Er nahm sein Taschenmesser und machte einen Schnitt am rechten Handgelenk der geheimnisvollen Person. Das Fleisch war rot, aber kein Tropfen Blut kam heraus.

Er drückte seinen Revolver auf das rechte Auge des Unbekannten und schoß. Ein Loch ersetzte das Auge und es floß reichlich Milch heraus, die eine lange, weiße Spur auf dem Smoking hinterließ, den er trug.

Er wurde eine zerknitterte Zeitung gewahr, die neben dem Mann lag. Er faltete sie auseinander. Es war eine sehr alte Nummer des Journal, von der ein Stück fehlte. Er suchte es und fand es schließlich zwischen seinen Beinen. Er las das Datum: 27. Januar 1903. Eine Erleuchtung kam ihm, wie man einen Schalter anknipst: Er schlief dort seit jenem Datum.

Und er hatte ihn mit einem Revolverschuß ins Auge getötet!

„Ich habe hier nichts mehr zu suchen", sagte er sich.  Er ging zur rechten Tür, die in ein anderes Zimmer führte.  - Benjamin Péret,  Boulevard Saint-Germain  125, in: B. P., Die Schande der Dichter. Prosa, Lyrik, Briefe. Hamburg 1985 (Edition Nautilus)

 

Mann Reglosigkeit

 

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