Man  Was für ein Wesen ist das man! Es ist eines, das ich zutiefst verachte! Man muß alles unter dem Gesichtspunkt seiner Selbstachtung tun und dem man aufs Haupt spucken. - Flaubert an George Sand, nach (flb)

Man (2)  Man muß feststellen, dass es sich bei Rubber Soul um ein Konzeptalbum avant la lettre handelt, in dem alle Lieder ein einziges Thema umkreisen: die ontologische Frage nach der Bedeutung des Seins in Abgrenzung zur Metaphysik. Nicht umsonst betonten die Beatles, dass sie sich die Reihenfolge der Songs genau überlegt haben (»We put a lot of work into the sequencing«). Als Erstes springt natürlich ein Titel wie Nowhere Man ins Auge, in dem sich der Mensch (Man) zum Heidegger'schen Man wandelt. Denn sucht man einmal die entsprechenden Definitionen Heideggers in Sein und Zeit auf, merkt man, welch starke Verbindung zwischen dem Man und den Negationen wie niemand, niemals und nicht besteht. Hier nur einige wenige Beispiele. »Das Man (...) ist das Niemand, dem alles Dasein im Untereinandersein sich je schon ausgeliefert hat.« Oder: »Allerdings ist das Man so wenig vorhanden wie das Dasein überhaupt. Je offensichtlicher sich das Man gebärdet, um so unfaßlicher und versteckter ist es, um so weniger ist es aber auch nichts.« Und ein Letztes: »Man ist in der Weise der Unselbständigkeit und Uneigentlichkeit. Diese Weise zu sein bedeutet keine Herabminderung der Faktizitat des Daseins, so wenig wie das Man als das Niemand ein Nichts ist.« Die Beatles nehmen diesem Niemand in getreuer nihilistischer Manier auch noch den Ort und betreiben so die völlige Auflösung gegebener Werte, um zur Aufforderung Think for Yourself zu gelangen. Dazu werden in fast jedem Song die alten Werte und Übereinkünfte als Schein entlarvt, etwa in I'm Looking Through You, das mit You Won't See Me in einen Zusammenhang gestellt werden muss, einerseits durch die Stellung als jeweils drittes Lied der jeweiligen Plattenseite, andererseits durch die beiden Songs zugrunde liegende Logik, der gemäß derjenige, der sich verbirgt und den ich zu durchschauen vermag, mich nicht erkennen kann, da er davon ausgeht, auch ich würde mich dort, wo ich mich tatsächlich zeige, verbergen. - (raf)

Man (3)  Die Dame bei dem Türstein drüben, die bis jetzt ihre Schuhe angesehn hatte, die unter dem enggehaltenen Rock ganz sichtbar waren, sah jetzt auf ihn. Sie tat es gleichgültig, und außerdem sah sie vielleicht nur auf den Regenfall vor ihm oder auf die kleinen Fir-maschildchen, die über seinem Haar an der Tür befestigt waren. Raban glaubte, sie schaue verwundert. ›Also,‹ dachte er, ›wenn ich es ihr erzählen könnte, würde sie gar nicht staunen. Man arbeitet so übertrieben im Amt, daß man dann sogar zu müde ist, um seine Ferien gut zu genießen. Aber durch alle Arbeit erlangt man noch keinen Anspruch darauf, von allen mit Liebe behandelt zu werden, vielmehr ist man allein, gänzlich fremd und nur Gegenstand der Neugierde. Und solange du man sagst an Stelle von ich, ist es nichts und man kann diese Geschichte aufsagen, sobald du aber dir eingestehst, daß du selbst es bist, dann wirst du förmlich durchbohrt und bist entsetzt.‹

Er stellte den mit gewürfeltem Tuch benähten Handkoffer nieder und beugte dabei die Knie ein. Schon rann das Regenwasser an der Kante der Fahrbahn in Streifen, die sich zu den tiefer gelegenen Kanälen fast spannten.

›Wenn ich aber selbst unterscheide zwischen man und ich, wie darf ich mich dann über die andern beklagen. Sie sind wahrscheinlich nicht ungerecht, aber ich bin zu müde, um alles einzusehn. Ich bin sogar zu müde, um ohne Anstrengung den Weg zum Bahnhof zu gehn, der doch kurz ist. Warum bleibe ich also diese kleinen Ferien über nicht in der Stadt, um mich zu erholen? Ich bin doch unvernünftig. - Die Reise wird mich krank machen, ich weiß es wohl.‹  - Franz Kafka, Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande. Nach - (hochz)
 

Konvention Moral

 

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