Mallarmé    Nichts konnte dem gewollt ruppigen, ja bis zur Brutalität unverblümten Wesen von Degas unähnlicher sein als der gewollte Charakter Mallarmés. Mallarmé lebte für einen gewissen Gedanken: er war besessen von der Vorstellung eines absoluten Werkes, das für ihn das höchste Ziel, die Rechtfertigung seines Daseins, den einzigen Zweck und den einzigen Sinn des Weltalls bedeutete. Um diese ihm einzig wesentliche, reine und erhabene Idee, an der er die sämtlichen übrigen Werte maß, unversehrt zu erhalten, sie in immer deutlicherer Gestalt in sich aufzurichten, hatte er sein äußeres Leben, seine Haltung gegenüber den Mitmenschen und Verhältnissen umgewandelt und von Grund aus erneuert. Es steht zu vermuten, daß er Menschen und Werke gemäß ihrem mehr oder minder entschiedenen Verhältnis zu dieser von ihm entdeckten Wahrheit einteilte und würdigte. Mit anderen Worten: daß er innerlich eine Menge Wesen verwerfen, ihnen in Gedanken den Kopf abschlagen lassen mußte —: was ihn bewog, allen mit einer in der Tat erlesenen Anmut, Geduld und Artigkeit zu begegnen, jedermann Zutritt zu gewähren, auf sämtliche ihn erreichenden Briefe in stets ebenso zierlichen wie überraschend neuartigen Wendungen zu antworten ... Er setzte einen immer wieder in Erstaunen mit dieser zauberhaft raffinierten Höflichkeit, diesem System allseitiger Rücksichtnahme, daran ich mich bisweilen ehrlich stieß, an dem er selber aber eine undurchdringliche Schutzzone besaß, wo das Wunder seines Stolzes sein unangetastetes Eigentum blieb, die Krypta der einsamsten Zwiesprache dieses Mannes mit seiner eigenen Rätselhaftigkeit.  - (deg)
 

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