Maler, schrecklicher  Er trug eine so wilde Melancholie und eine so schreckliche Malerei durch die Lande, dass er sogar den Tieren Furcht einjagte.

Er malte nämlich mit unglaublicher Verbissenheit, gleichsam wie ein Löwe, von morgens bis abends. Seine Staffelei schien überall zugleich zu sein. Herden, Bäume, Blumen, Wolkenspiele, Eindrücke jeglicher Art vervielfältigten sich auf den kleinen Formaten, die sein Pinsel unverzüglich verschlang. Er gehörte der großen Kunstakademie der Versager und Rastlosen an, die, bis zum ewigen Tod, im Kreislauf der Nachahmungen und der Pastiches dahingaloppieren. Ja, er war das Oberhaupt dieser Institution.

Dieser Unglückselige, der Poussin, ja - aufgrund einer unglaublichen Ironie des Schicksals - sogar Nicolas Poussin hieß, war ein selbstbewusster, aufrührerischer und unerschütterlicher Versager. Er war gescheitert und betrog sich selbst, weil es ihm an Resignation fehlte. Er steigerte sich daher in seine Ohnmacht hinein und wurde bald so etwas wie ein Wunder. Früher der entmutigende Schüler eines bekannten Altmeisters, übertrafen die abgedroschenen Übertreibungen seiner öligen Hervorbringungen alle Erwartungen.

Immer sanftmütig zu den anderen, aber unerbittlich gegen sich selbst, den Maler der 10.000 Werke, lebte er zwanzig Jahre lang die »drei Zeitalter« unter Himmeln, die kein Erbarmen kannten. Die Landbewohner sahen immer nur ihn auf den Wegen, am Rand der Felder, in den Tiefen des Waldes.

Getrieben von der Ungeduld, die Millets, die Theodore Rousseaus, die Corots, die Diaz' und die ganzen Nachwehen der Romantik zu zerschlagen, deren Namen ihm allein schon wie gemeine Gotteslästerungen erschienen, löschte er die Farbe aus, verwarf die Linie, überhäufte die Kontur mit Schimpf und Schande, setzte Vorder- und Hintergrund ab, brachte die Perspektive in äußerste Bedrängnis, trieb die Schatten und das Licht in die Enge. Schließlich starb er, vollständig verrückt geworden, nachdem er seinen bescheidenen Erbteil mit den Kosten für die Rahmen und für den Versand seiner unzähligen Gemälde zu allen Ausstellungen Europas nahezu verschleudert hatte.  - Léon Bloy, Blutschweiß. Berlin 2011 (zuerst 1893)

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