Einst kam im grauen Mäusereich ein Herrscher auf den Thron,
der hatte einen kurzen Schwanz. Allein, was tat das schon?
Doch war er stolz auf diesen Schwanz und hielt nur ihn für
gut. Die andern Schwänze nannte er ein teuflisch Attribut.
Des Königs Schwanz war siebzigfach beringt. Das wurde Norm.
Mit einundsiebzig Ringen schon verletzte man die Form.
Er sagte: Mehr als siebzig sind kaum tragbar und gesund!
Wer mehr als fünfundsiebzig hat, der ist ein Schweinehund.
Die Mäuse glaubten seinem Wort und krochen auf den Leim.
Da fiel manch stolzer Mäuseschwanz dem Henkerbeil anheim.
Doch wurde jeder Zagelstumpf zum flammenden Fanal. Der
Haß erblühte im Quadrat der eingebüßten Zahl.
Da plötzlich stürzte der Tyrann im Taumel einer Nacht. Die
massakrierte Mäuseschar kam nach ihm an die Macht.
Sie holten sich die Henker her, die ehedem regiert, und
wer da einen Schwanz besaß, dem wurde er kupiert.
Viel Klage gab es und Geschrei. Manch Auge wurde naß. Die
Wunden heilten mit der Zeit, und wieder wuchs der Haß.
Und wieder brach ein Morgen an im grauen Mäuseland, da
hatten schon die anderen das Messer in der Hand.
So hackte eins ums andre Mal man über tausend Jahr, bis
keine Maus mehr eine Maus mit einem Schwanz gebar.
Versunken war in Haß und Pein, was alle Mäuse schmückt. Zurück
blieb nur die nackte Angst mit grauem Fell bestückt.
Wie Kieselsteine lag das Volk der Mäuse Maus bei Maus. Denn
sagte eine mehr als Zipp — dann hieß es: Messer raus!
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