Die Hsi wiederum mit der Lebenslust ihrer achtzehn Jahre fand an seiner gesetzten herben Männlichkeit keinen Geschmack, und so ward die Ehe beiderseits zur Enttäuschung. Eines Tages wollte es das Verhängnis, daß Sung seinen Hilfsschreiber Tschang zu einem Besuch in die Wohnung seiner jungen Frau mitnahm. Dieser Tschang war nun das gerade Gegenteil seines älteren Amtskollegen, ein hübscher Fant und geborener Galan, der in den Freudengassen der Stadt zu Hause war, sich auf Flöte und Saitenspiel verstand und sich im Umgang mit schönen Frauen gründlich auskannte. Die beiden brauchten sich nur zu sehen, da hatten sie schon zueinander Feuer gefaßt. Mit dem Spiel der Blicke und Mienen begann es, heimliche Verabredungen und Besuche folgten und entwickelten sich zu einem festen Verhältnis. Die Hsi brannte lichterloh für ihren Liebhaber, für ihren Mann dagegen hatte sie bald kein halbes Fünkchen Glut mehr übrig.
Die Folge war, daß sich Sung, der sich, wie wir sahen, ohnehin nicht viel
aus Weibern machte, allmählich ganz von ihr zurückzog. Auch die Kunde von ihrem
heimlichen Umgang mit dem Hüfsschreiber Tschang, die ihm der bewußte Wind eines
Tages ins Ohr blies, brachte ihn nicht sonderlich aus der Ruhe. ‹Es ist ja
doch keine mir rechtmäßig durch Vater und Mutter angetraute Gattin, da braucht
man es nicht allzu genau zu nehmen‹, tröstete er sich. ›Wozu soll ich
mich über ihre Untreue aufregen? Ich gehe einfach nicht mehr zu ihr hin.‹
Und so hielt er es ganze Monate lang. Wenn die Hsi oder die Schwiegermutter
nach ihm schickte, dann hatte er immer diesen Vorwand und jene Ausflucht, um
sich zu drücken, und blieb unsichtbar.
- (
raub
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