Männergespräch  Wieder einmal stritten Kleinl und I. Die DINGE sind so unheimlich, sagte I. Nimm eine Frau, die du umarmst und plötzlich ist es eine Gummipuppe. Du hast dich zuviel mit Puppen befaßt, sagte Kleinl in seiner stoisch langsamen Art, durch und durch durch den anderen durchschauend und mit langsamem Boxerblick noch Wein bestellend. Ich träumte einmal, sagte I, von einer Frau, mit mir im Ehebett, es war sehr beglückend. Sie wurde plötzlich schweigsam, und da war es ein kleiner Kachelofen. Man sah Kleinl nicht an, ob er erschrak, er beharrte ruhig: nur der MENSCH kann unheimlich sein. Nur der Mensch auf der Brüstung wollte dich doch oben in die Kokerei schmeißen. Der Koks, I schrie es, hätte mich mit roboterhafter Dummheit verbrannt. Der Mensch ist es, Kleinl drehte auf Damen, der durch seine Aufmachung zur femme fatale werden kann, oder würdest du in ihre Stifte statt in ihre Lippen beißen und dazu einen Schluck stinkenden Nagellack trinken? Amylacetat stinkt nicht, schrie der beleidigte Chemiker, aber der schlechtbezahlte Arbeiter auf der Brüstung oben hätte mir ohne die Deckung durch die Tonnen rotglühenden stinkenden Kokses unten, die er mir zum Bett machen wollte, nie einen Schreck einjagen können. O ja, schon durch seine Augen, sagte Kleinl und zitterte nun vor Angst in der Stimme. I schrie auf, beherrschte sich dann aber: und der Trampel, der uns da gerade bedient, war vor einem Jahr, als sie noch keine blaue Afroperücke trug, keine femme fatale, sie hätte mich zu keinen übereilten Reaktionen verführt, hätte mich gelangweilt. Dann wird sie dich, sagte Kleinl, auch heute abend im Stroh langweilen, unerbittlich sagte er es, jetzt entschuldige mich aber, ich muß brunzen. I entließ ihn wohl mit bittebitte, trommelte aber dann wie ein Urwaldbote auf die glücklicherweise stabile Platte und biß ins Weinglas, bis ihm die Schneidezähne wehtaten.   - (met)

Männergespräch (2)  „Ich kann's nicht aushaken, wenn ich daran denke, daß mein Leben so schnell vorbei geht, und ich habe nichts davon."

„Kein Kerl vögelt seine Alte bis zum Nabel, nur Stierkämpfer."

„Ich hab kein Geld für Stierkämpfer. Das ist was für perverse Frauen. Ich will meine Fotze mal auf südamerikanisch. Und 'nen ehrlichen Striptease soll sie hinlegen."

„Hast du schon mal daran gedacht, ihr einen in ihren Bntisch-Uganda zu schieben?"

„Nein, das würde mir nicht liegen."

„Ich würd's für dich tun."

„Nee, das würd mich auch nicht bremsen."

„Nur weil du's nie probiert hast. Geh nach Haus und les ein Buch mit vielen hübschen Schwulen drin, mit schönen schwarzglänzenden Schwänzen."

„Ich möcht's auf südamerikanisch." Er hatte so einen harten, jüdischen, verstockten Zug. „Komm mit runter, wir schieben eine Marathonnummer."

„Hast du nichts zu tun?"

„Nein", sagte ich. Wir fielen die Treppe runter zur Mafia im Erdgeschoß. Ich hatte seinen Humor freigelegt, als ob er die Zuckungen gehabt hatte. Wenn man einmal die Marathonnummer hinter sich hatte, brauchte man nur zu sagen: „Okay, ich muß jetzt packen und die Ställe ausfegen", und er blieb das Hänschen. Es ist so unwichtig, einen graziösen Hydranten mit Zeitungspapier zu umwickeln und vorm Abspritzen deine Falten aufzubügeln. Egal, wir krochen die Hintertreppe zum Weißen Haus runter, schluckten Krötenstaub und Schlangendreck und kauften uns einige Seifenwassersodas. Joe krallte sich ein paar Flaschen der Sünde aus dem Wandtresor. „Das ist 'ne grausame Verschwendung", sagte er. „Er wird schon viel dicker", höhnte ich.

„Hör mal Jack", er machte Pipi auf den Fußboden. „Hast du schon mal das Gefühl gehabt, daß deine Alte Stück für Stück abstirbt, und du stehst da mit deinem Schwanz im Freien, und weißt nicht, wo du ihn reinstecken sollst?"

„Ja klar, in jeder einzelnen Sekunde."

„Fünfunddreißig Jahre Blindgänger - macht dich das nicht langsam weich?"

„Halt die Schnauze, Mensch, halt die Schnauze, sag ich." „Tut mir leid."

„Solls dir auch. Na, laß gut sein."

„Ich hab schon genug Kacke ohne deinen Mist am Hals!"

„Scheiße, ich hab's schwer nötig, auf südamerikanisch, mein ich." „Hör mal gut zu, Fettwanst,an eine andere Fotze zu gehen macht auch keinen Unterschied. Ich hab mein Fett weg. Du kannst nicht vor dir selbst wegrennen, auch wenn du dauernd woanders bist. Das war schon bei den 10 kleinen Negerlein ein schlechter Einfall."

„Aber du warst noch nie in Südamerika."

„Südamerika am Arsch! Warum reitest du deine Alte nicht von vorne zu?"   - Tom Veitch, Die Mondschaukel.  Nach: Acid. Neue amerikanische Szene. Hg. Brinkmann & Rygulla. Frankfurt am Main 1981 (zuerst 1969)

Männergespräch (3)  Roys dritte Ehe war jetzt dran. Die erste hatte vorne in den Oakland-Hügeln stattgefunden. Die zweite eine Hügelkette weiter landeinwärts, in Orinda. Die dritte jetzt im Oberen Glückstal, noch weiter drin im Land. Jedesmal war Roy wieder aufgebrochen, hatte der vorigen Frau das Haus gelassen und mit der neuen ein neues gebaut. Entweder hätte er Standardwerke über das Mittelalter geschrieben oder Häuser gebaut. Mit Standardwerken wäre er reich geworden, sagte Leslie. Mit Sally glücklich, sagte Roy. Ob es noch weitere Täler gebe, fragte Rainer. Hidden Valley sei das nächste, sagte Roy. Leslie wollte wissen, wie das gehe, mit einer Künstlerin. Roy: Ich weiß schon lange, daß du zuschauen willst. Ich werde mit Sally sprechen. Rainer sagte, er bewundere Roy für die Ordentlichkeit, mit der er seine Ehen führe von der Gründung bis zur Auflösung. Es gebe dabei nie eine unordentliche Stelle, nie einen Augenblick der Zweideutigkeit. Er sei sicher, sollte Roy einmal in die Lage kommen, eine seiner Frauen töten zu müssen, so werde er das nicht ohne peinlichste Anstrengung des Sinns für Gerechtigkeit tun. Aber zum Exekutieren hol ich dich, sagte Roy und trank Rainer zu. Das darfst du, sagte der und trank mit. Wenn Sally dabei die tights trüge, die sie heute anhabe, beteilige er sich auch an der Hinrichtung, sagte Leslie und nahm ohne weiteren Anlaß seine Hand vom Auge. Genau diese Sorte Hilfe werde er vom Hinrichtungsplatz fernhalten, sagte Rainer. No masturbating backstage sycophants, sagte Roy. Leslie sagte, mit einem so konservativen Arschloch sei eben kein Bund zu flechten.  - Martin Walser, Brandung. Frankfurt am Main 1987

 

Mann zu Mann, Von Gespräch

 

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