änner=Liebe  Wieland - erzählt Böttiger - behauptete gegen Dem. Schröder, daß er nie ein Frauenzimmer wegen ihrer Schönheit geliebt habe; selbst die in ihrer Jugend unwiderstehliche La Roche nicht. Julie Bondely war so häßlich, daß er sich erst an ihren Anblick gewöhnen mußte; doch hatte sie ein paar sehr schöne, sprechende Augen und eine süße Stimme. Die Liebe zu einer häßlichen Frau ist die dauerhafteste. Die klugen Weiber lieben nie die Schönheit an den Männern, sie ziehen sogar, sagte Herder, aus Coquetterie und Widerspruchsgeist die unansehnlichen den klugen vor. Ich, sagte Herder, bin nie durch die Liebe einer Frau gehätschelt worden. Und ich, sagte Wieland, bin Alles, was ich bin, durch edle Weiber. Aber die Männer, sagte Dem. Schröder, suchen doch zuerst die Schönheit an der Frau oder vielmehr an den Frauen, denn an Einer genügt nie. "Lieben Sie denn nur eine Blume?"  fragte hierauf Herder. - "Das war eine sehr männliche Frage", erwiderte die Schröder. - Sehr bezeichnend ist Göthes Wort über Wieland; er nannte ihn die zierliche Jungfrau von Weimar. - (sap)

Männer=Liebe  (2) Genet hat uns einst das Triebgeschehen der politischen Moral, ihren transvestitischen Kern, die starke Homosexualität der Gegensätze dargestellt. Melville, der Filmregisseur, ist ihm darin gefolgt, mit kälteren, idolverhangenen Figuren und amerikanischer Männerliebe. Wir verabscheuen den ›Flic‹ (im gleichnamigen Film), wenn er seinen getreuen Spitzel, einen wunderschönen Transvestiten, prügelt und ihn zu Unrecht des Verrats bezichtigt. Gleichzeitig läßt uns desselben Polizisten melancholisches Gesicht nicht los, bleibt er unsere Leitfigur, Alain Delon, der Held. Und gerade seine eigene transvestitische Zugehörigkeit zum Verbrecher-Clan, den er zu bekämpfen hat, verleiht ihm in unseren Augen die nötige heroische Vereinsamung. Er hat sich weit von seiner Behörde entfernt, ist bereits so tief ins andere Lager vorgedrungen, daß man zweifeln muß, ob er im entscheidenden Augenblick noch als Bulle in Aktion treten kann. Tatsächlich kommt es dann am Ende des Films zu einer empfindlichen Überraschung, die unseren Helden beinahe vollständig zu disqualifizieren droht, wäre da nicht sein zuletzt unantastbarer Typus, der durch Verfehlung und Schuld an stummer Größe, an Leidensgröße noch dazu gewinnt. Der Flic nämlich hat den verfolgten Ganoven endlich vor dem Hotel Splendid am Arc de Triomphe gestellt - der Verfolgte zieht, doch nur zum Schein, denn er trägt gar keine Waffe bei sich und der Kommissar, Delon, schießt ihn sofort nieder. Der kleine bedeutungslose Verbrecher hat sich mutig wie ein Samurai gezeigt und sich an seinem großen Feind, unserem Helden, gerächt, indem er ihn in die Rolle des brutalen Bullen zurückverwies und ihn dazu noch zum feigen Mörder werden ließ. Er hängt ihm seinen Tod an - gerade so wie am Ende von Stroheims »Greed« der Erschlagene seinem Mörder im letzten Augenblick die Handschellen anlegt und ihn dazu verurteilt, den Leichnam seines Opfers durch die Wüste von Death Valley zu schleppen. - Botho Strauß, Paare, Passanten. München 1984 (dtv 10250, zuerst 1981)

 

Mann Liebe

 

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