Mädchenschule

   

"Well, that's O.K. - now for old 'Stinks'"

- Ronald Searle, St. Trinian's

Mädchenschule (2)  Katherine war ein sinnlicher Typ - melancholisch wie alle solche schöngeistigen Frauen - kleine Hände und Füße, aber ein großes Herz. Sie war eine begabte Erzählerin. Eine ihrer Geschichten aus Pennsylvania handelte von einer souveränen und schönen, nicht mehr ganz jungen Frau, die im vorigen Jahrhundert-jenem galanten Zeitalter - eine Kleinstadt westlich von Philadelphia, nennen wir sie Allentown, beherrschte: sie war dort Wirtin eines florierenden Freudenhauses.

Das Etablissement dieser schönen Frau, von der Kate uns erzählte, lag in einer Seitenstraße, unterschied sich aber ansonsten in nichts von den besten Häusern der Stadt, so wie auch sie selbst bei ihren täglichen Marktgängen nicht von den Damen der besseren Familien zu unterscheiden war. Sie besuchte regelmäßig die Kirche, wo freilich ein Kontrast zwischen ihr und der vornehmen Gesellschaft deutlich wurde, denn Freundinnen hatte sie keine. Sie kaufte in den besten Läden und war eben allem äußeren Anschein nach eine Dame. Sie ließ regelmäßig den Rasen mähen, ihre Blumenbeete waren stets in Ordnung: Cannas, Coleas, Geranien.

Ihr Haus war innen wie außen in Ordnung. Die Mädchen, die man aber nicht auf der Straße sah, waren charmant und gebildet. Sie hatten bessere Manieren als die Töchter der Reichen. Die Kundschaft des Hauses war für alle Beteiligten ein steter Quell der Zufriedenheit. Diese Frau, meinte Kate, vermittelte den Mädchen praktisch ebensoviel wie die besseren Mädchenpensio-nate in New York oder New England. Ich glaube nicht, daß die Frau ihnen regelrecht Unterricht gab, sondern ihr Einfluß allein wird genügt haben, sich positiv auf ihre Art zu reden und sich zu kleiden auszuwirken. Einige konnten sich gut verheiraten nach dieser »Schule«. Und Damen mußten sie sein, da sie von den höflichsten und großzügigsten Herren der Stadt besuchtwurden.

Dieser gut geführte Betrieb wurde im Lauf der Zeit nur noch beliebter und geriet geradezu in den Ruf der Sittsamkeit.

Auch die Bordellwirtin hatte keine Schwierigkeiten, ihre gesellschaftliche Stellung zu bewahren, bis es eines Tages zum Test kam: ein prominenter Bürger der Stadt war gestorben. Zum Zeichen der Wertschätzung seiner zahlreichen Spenden an örtliche Wohltätigkeitsvereine sollte ein besonderes Galadiner veranstaltet werden, von dessen Erlös man ihm ein Denkmal errichten wollte.

Die Bordellwirtin bat, ebenfalls ihr Scherflein dazu beitragen zu dürfen, doch wurde ihr Name nicht in die Liste der Geldgeber aufgenommen. Am Ende setzte sie sich selbst auf die Ehrenliste, und zwar schlicht durch die Höhe ihrer Spende - tausend Dollar, damals ein Betrag, den man einfach nicht ausschlagen konnte.  - (wcwa)

 

Mädchen Schule

 

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