ädchenblick Sie kennen gewiß alle Correggios wonnevolles Bild „Jupiter und Io". Der sinnige Ehemann hatte es der jungen Gattin und Wöchnerin zwischen das Rosa-Tüllarrangement an die Wand übers Bett gehängt, und nun übte es in aller Verstohlenheit seine Wirkungen aus; Kunstwerke sind magische Instrumente, zumal nun (in irgendwelcher Beziehung) Schwangeren gegenüber, physiologischem Modellierton, der sich der Einwirkung des fremden Willens gehorsamst fügt. Amelie gebar einen sonst gesunden Knaben, der jedoch . . .
Erinnern sie sich recht gegenwärtig des vor Wollust
der Empfängnis gebrochenen Blickes der Io: Also dieser
eigentümliche Mädchenblick verfolgte den sonst normalen Knaben vom ersten Momente
der Selbstbesinnung an und wirkte wie ein Imperativ, auf dessen Geheiß er nicht
eher ruhen dürfte, als bis er jedes ihm vorkommende junge Mädchen in die Verfassung
gebracht hätte, der jener Wollustblick angemessen wäre. - Mynona, Das Eisenbahnunglück.
Mit Zeichnungen von Hans Bellmer. Hamburg 1988 (zuerst 1925)
Mädchenblick (2)
- Jan Vermeer
Mädchenblick (3) Eine Folterschwester. Er
saß. Als er ihr in die Augen schaute, sah ihm jetzt nicht nur sein
eigenes Augenpaar entgegen beziehungsweise das seiner Großmutter
mütterlicherseits, denn von der, hieß es, hatte er seine Augen, sondern
auch noch die Katze, die Fuß- und Zehenbestürmerin,
die sah ihn aus dem Mädchenblick an, und damit erst recht seine
Großmutter, denn sie hatte, je älter sie wurde, durch den alles an sich
ziehenden Mund ein immer deutlicheres Katzengesicht gekriegt. Er konnte
sich dieses Mädchen plötzlich sehr gut als alte Frau vorstellen. Auch
als jungen Mann. Aus heroischen Zeiten. Leif, müßte sie als Wikinger
heißen. - Martin Walser, Brandung. Frankfurt am Main 1987
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