ädchen, schlimmes  Asenath, so schien es, war als eine Art Magierin in der Schule aufgetreten und hatte tatsächlich verblüffende Kunststücke fertiggebracht. Sie behauptete, Gewitter hervorrufen zu können; ihr scheinbarer Erfolg wurde jedoch eher einer unheimlichen Fähigkeit der Weissagung zugeschrieben. Es war auffallend, daß alle Tiere ihr aus dem Weg gingen, und sie konnte mit bestimmten Bewegungen ihrer rechten Hand jeden Hund zum Heulen bringen. Manchmal erschreckte sie ihre Zuhörer damit, daß sie von Dingen sprach, die ein junges Mädchen eigentlich nicht wissen sollte, oder sie schockierte ihre Schulkameradinnen mit ganz unerklärlichen Blicken oder Gesten und schien sich auf unanständige, ironische Weise an deren Reaktion zu freuen.  - H. P.  Lovecraft, Das Ding auf der Schwelle. In: H. P. L., Das Ding auf der Schwelle. Frankfurt am Main 1976 (st 357)

Mädchen, schlimmes  (2) Die Mädchen waren inzwischen bei «Macy s», wo Ché sich seelenruhig und gelassen, mit Fingern, so leicht wie Spinnenbeine durch die Damenwäscheabteilung arbeitete, während Prairie gie vor den Uberwachungskameras, die sie entdeckt hatten, abschirmte und die ganze Zeit einen aufgedrehten Teenagermonolog über Jungen, Musikstars, Freundinnen, Feindinnen abspulte, wahllos irgendwelche Sachen herauszog, die sie sich mit einem «Na, was meinst du?» vor die Brust hielt, und die Verkäuferinnen in lange Gespräche über die Mode der vorigen Saison verwickelte, derweil Che unbekümmert alles, was in ihrer Größe und entweder rot oder schwarz oder beides war, verschwinden ließ, und zwar so diskret, daß nicht einmal Prairie nach all diesen Jahren hätte sagen können, wann und wie sie das eigentlich machte. Sodann begann sie mit einigem Geschick und einem in einem anderen Laden geklauten Spezialwerkzeug, die elektronischen Markierungen an den Kleidungsstücken zu entfernen, um sie tief unter anderen Waren zu verbergen - und das alles auf einem eher niedrigen Spielniveau, wie Brent Musberger es wohl genannt hatte, mit einer seit langem perfektionierten Routine, die sonst nur zum Aufwärmen diente. Doch heute ließ der Gedanke an die getrennten Wege, die sich herbstlich ankündigten, sie frösteln, und ihnen war schon jetzt nostalgisch zumute, so daß jede letztlich bloß eine Vorstellung für die andere gab, als eine Art Abschiedsgeschenk - zwei alte Profis, die in Erinnerung an alte Zeiten noch ein letztes Ding drehen, bevor sie auseinandergehen ...

Sobald sie groß genug gewesen war, um durch die Windschutzscheibe zu sehen, hatte Ché fahren gelernt, und es kümmerte sie einen Scheiß, daß sie das nötige Alter dafür noch nicht erreicht hatte, ebensowenig wie es sie interessierte, ob sie dieses Alter je erreichen würde, was zu bezweifeln Teil ihres Images als schlimmes Mädchen war. Mal kokette Frau, mal gesengte Sau - kam ganz drauf an. Auf dem Freeway fuhr sie gern um die hundertzwanzig und wechselte ständig die Spur oder fuhr dicht auf, um nicht vorn Gas gehen zu müssen. «Wir sind Kinder dieser Straßen», sang sie, lenkte mit den Fingerspitzen und stemmte den Stiefel aufs Pedal,

Wir sind Töchter des Asphalts,
Und wenn du uns den Weg nicht freimachst,
Brechen wir dir gern den Hals...
Also sieh in deinen Spiegel
Und sei vor uns auf der Hut,
Denn wir sind Kinder dieser Straßen,
Und wir haben Speed im Blut.

Nicht einer der Wagen, mit denen sie unterwegs war, gehörte ihr. Meistens hatte sie ihn irgendeinem Jungen abgeschwatzt, manchmal auch mittels Schraubenzieher und Kleiderbügel von einem Fremden ausgeliehen. Wenn sie kein Auto in die Finger kriegen konnte, trampte sie eben und versuchte den Fahrer zu überreden, sie ans Steuer zu lassen. Es gab keinen Ort in Südkalifornien, den sie nicht so schnell erreichte, wie ein Auto fahren konnte. Sasha nannte sie die «rote Tram», nach den Straßenbahnen, die früher zwischen Pasadena und Long Beach verkehrt hatten.

Als sie schließlich an einem sicheren Ort waren - der sich als Apartment von Ches Freundin Fleur erwies, östlich von La Brea und unten im Flachland -, schüttelte Che aus Schultertasche und T-Shirt eine erstaunliche Menge zarter Unterwäsche.

«Was, kein Azurblau?» sagte Prairie.

«Schätzchen, Azurblau schenken sie ihren Frauen», erklärte ihr Ché. «Schwarz und Rot —» sie ließ Ober- und Unterteil eines Spitzenbikinis in dieser Farbkombination an einem Finger mit kurzem Nagel baumeln - «das sehen sie gern an einem schlimmen Mädchen.» - Thomas Pynchon, Vineland. Reinbek bei Hamburg 2015

 

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