Mädchen, schlechtes  Auf ihrem Gesicht spielte sich etwas Eigenartiges ab. Ein Auge wurde klein und listig, das andere kalt und groß. Auf der listigen Seite zog sich ihre Oberlippe hoch, und darunter schimmerten die weißen Zähne. Sie sagte: »Ich bin ein ganz ganz schlechtes Mädchen. Ich habe zugesehen, wie sie es gemacht haben. Ich habe hinter der Tür gestanden und zugesehen, wie sie es gemacht haben. O Wunder der modernen Wissenschaft. Und ich war im Zimmer und hinter der Tür.«

»Was haben Sie getan?«

»Ich habe meine Mutter umgebracht.«

»Wie denn?«

»Mit Wünschen«, sagte sie listig. »Ich habe meine Mutter zu Tode gewünscht. Ist das die richtige Antwort auf Ihre Frage, Mr. Fragebogen? Sind Sie Psychiater? Sind Sie von Simon bestellt worden?«

»Nein, weder das eine noch das andere.«

»Ich habe auch meinen Vater umgebracht. Ich habe ihm das Herz gebrochen. Soll ich Ihnen von meinen anderen Verbrechen erzählen? Eine Liste so lang wie die Zehn Gebote, und nichts als Neid und Bosheit und Begierde und Wut. Ich sitze zu Hause und plane seinen Tod, durch Hängen, Verbrennen, Erschießen, Ertränken, Vergiften. Ich sitze immer zu Hause und stelle sie mir vor, ihn und sie, alle die jungen Mädchen mit ihren Leibern und ihren weißen, langen Beinen. Ich saß zu Hause und habe versucht, Freunde zu gewinnen. Es hat niemals klappen wollen. Sie waren immer erschöpft...  durch die Hitze oder die Kälte, oder vielleicht haben sie auch Angst vor mir gehabt. Einer hat mir gesagt, ich mache ihm Angst, der lausige, kleine Waschlappen. Sie haben immer meinen ganzen Alkohol ausgetrunken und sind nie zurückgekommen.«   - Ross Macdonald, Die Küste der Barbaren. Zürich 1976 (zuerst 1956)

 

Mädchen Schlechtigkeit

 

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