Mädchen, altes   Die Menegazzi, wohlfrisiert, trat, leicht hüstelnd, auf die Szene. Ein großes lila Foulard um den Hals, welcher sich vorne mager und welk zeigte: einen Hauch von Mattigkeit um ihre ganze traumatische Erscheinung. Ein Negligé von etwas ungewöhnlicher Art, halb spanisch, halb japanisch, halb Mantilla und halb Kimono. Ein bläulicher Schnurrbart überm schlaffen Gesicht, blasse Haut, wie ein gepuderter Mauergecko, die Lippen, gemalt zu zwei herzförmigen Hälften in leuchtendstem Erdbeerrot, verliehen ihr das Aussehen und das momentane äußere Prestige der Besitzerin oder Ex-Besitzerin eines etwas heruntergekommenen Stundenhotels: wäre nicht jene gewisse Aura von Neu-Jüngferlichkeit und Wiedervertrocknung gewesen, uw jene typische, hingebungsvolle Beflissenheit der Ungekosteten, derentwegen man sie leicht und ohne Verdacht in das romantische Register der alten Mädchen, und außerdem der anständigen Frauen, einreihen konnte . . . Sie war Witwe. Der Mantilla-Schlafrock überwog das Foulard, verwob sie vielmehr, die Foulards (nicht eines, sondern mehrere), bepudert auch sie und leicht im Farbton untereinander variierend und zart ineinanderspielend, mit den Blütenblättern (oder waren es etwa Schmetterlinge?) des leicht kastilianischen Kimonos.  - Carlo Emilio Gadda, Die gräßliche Bescherung in der Via Merulana. München 1988
 
 

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