ädchen, kleines   Warmes Sonnenlicht schien an diesem Tag auf die Erde und verlieh den Tieren, die sich um uns drängten, die Aura gläubiger Jünger; ich hatte den Eindruck, daß die Tiere zuhörten und verstanden, was wir sagten.

»Ich möchte mit dir über Eric und Linda Lampton sprechen«, sagte ich zu dem kleinen Mädchen, das ein aufgeschlagenes Buch vor sich liegen hatte.

»Du kannst mich nicht aushorchen«, sagte sie.

»Darf ich über sie keine Fragen stellen?«

»Sie sind krank. Aber sie können niemandem ein Leid zufügen, denn ich kontrolliere sie.« Das Mädchen blickte mit seinen großen, dunklen Augen zu mir auf. »Setzt euch.«

Gehorsam ließen wir uns vor ihr nieder.

»Ich habe euch euer Motto geschenkt«, fuhr sie fort. »Für eure Gesellschaft - ich gab euch den Namen. Nun gebe ich euch eure Aufgabe. Ihr werdet hinausziehen in die Welt und das kerygma verbreiten, das ich euch auferlege. Hört mir zu: Ich sage euch, und es ist wahr, daß die Tage des Bösen enden werden. Und der Sohn des Menschen auf dem Richterstuhl sitzen wird. Dies geschieht so sicher, wie die Sonne aufgeht. Der verschlagene König wird kämpfen und verlieren, trotz all seiner List. Er verliert, er hat verloren. Er wird immer verlieren, und jene, die ihm dienen, werden in die Finsternis stürzen und dort für alle Ewigkeit verbannt sein.

Ihr lehrt das Wort des Menschen. Der Mensch ist heilig, und der wahre Gott, der lebendige Gott, ist der Mensch selbst. Ihr sollt keine anderen Götter als euch selbst haben - die Zeiten, in denen ihr an andere Götter geglaubt habt, sie enden jetzt, und sie enden für immer.

Ihr habt das Ziel eures Lebens erreicht. Ich bin hier, um euch dies zu sagen. Fürchtet euch nicht, ich werde euch beschützen. Ihr sollt nur einem Gesetz gehorchen: Ihr sollt einander lieben, wie ihr mich liebt und wie ich euch liebe. Denn diese Liebe ist die des wahren Gottes, und das seid ihr.

Eine Zeit der Versuchung und der Täuschung und des Leidens liegt vor euch, denn der verschlagene König, der König der Tränen, wird nicht auf seine Macht verzichten wollen. Aber ihr werdet ihm seine Macht nehmen. Ich verleihe euch in meinem Namen diese Fähigkeit, wie ich sie euch schon einmal verliehen habe, als jener verschlagene König die erniedrigten Völker der Welt beherrschte, knechtete und vernichtete.

Der Krieg, den ihr geführt habt, ist noch nicht beendet, obwohl die Tage der heilenden Sonne gekommen sind. Das Böse stirbt nicht von selbst, denn es glaubt, daß es in Gottes Namen spricht. Viele beanspruchen, für Gott zu sprechen, aber es gibt nur einen Gott, und er ist der Mensch selbst. - Philip K. Dick, Die VALIS-Trilogie. München 2002 (zuerst 1981 f.)

Mächen, kleines (2)  Beetje  wurde  lebhaft. Man spürte einen alten Groll, der endlich ausbrach.

»Immer strich sie im Hause herum, um Conrad zu überwachen. Da sie dazu verdammt ist, tugendhaft zu bleiben, möchte sie, daß alle es seien. Verstehen Sie? Sie hat es erraten. Ich bin dessen sicher. Sie hat bestimmt versucht, ihren Schwager von mir abzulenken und sogar Cornelius! Sie sah genau, daß alle Männer mich anblickten, auch Wienands, der aber nie gewagt hat, mit mir zu sprechen, der jedoch dunkelrot wurde, wenn ich mit ihm tanzte. Seine Frau haßt mich deswegen auch. Vielleicht hat Any ihrer Schwester nichts gesagt. Vielleicht hat sie es ihr gesagt. Vielleicht ist sie es sogar gewesen, die meine Briefe gefunden hat.«

»Und wer ist der Mörder?« fragte Maigret.

»Ich schwöre, ich weiß es nicht«, stammelte sie. »Ich habe das nicht gesagt, aber Any ist eine Giftschlange. Ist es meine Schuld, daß sie häßlich ist?«

»Sind Sie sicher, daß sie nie verliebt gewesen ist?«

Ach, das Lächeln, das leise Lachen Beetjes vielmehr, das instinktiv triumphierende Lachen der begehrenswerten Frau, die ein häßliches Weib aussticht! Man hätte glauben können, es handle sich um kleine Mädchen im Pensionat, die sich um eine Lappalie streiten.- Georges Simenon, Maigret in Holland. München 1977 (Heyne Simenon-Kriminalromane 39, zuerst 1931)

Mächen, kleines (3)  Eines Nachmittags saß ein großer Wolf in in einem finsteren Wald und wartete, daß ein kleines Mädchen mit einem Korb voller Lebensmittel für ihre Großmutter des Weges käme. Endlich kam auch ein kleines Mädchen des Weges, und sie trug einen Korb voller Lebensmittel. "Bringst du den Korb zu deiner Großmutter?" fragte der Wolf. Das kleine Mädchen sagte ja, und nun erkundigte sich der Wolf, wo die Großmutter wohne. Das kleine Mädchen gab ihm Auskunft, und er verschwand in den Wald.

Als das kleine Mädchen das Haus ihrer Großmutter betrat, sah sie, daß jemand im Bett lag, der ein Nachthemd und eine Nachthaube trug. Sie war noch keine drei Schritte auf das Bett zugegangen, da merkte sie, daß es nicht ihre Großmutter war, sondern der Wolf, denn selbst in einer Nachthaube sieht ein Wolf einer Großmutter nicht ähnlicher als der Metro-Goldwyn-Löwe dem Präsidenten der Vereinigten Staaten. Also nahm das kleine Mädchen einen Browning aus ihrem Korb und schoß den Wolf tot.

Moral: Es ist heutzutage nicht mehr so leicht wie ehedem, kleinen Mädchen etwas vorzumachen. - James Thurber,  75 Fabeln für Zeitgenossen. Hamburg 1967

 

 

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