Madonnenkleidung   Niemand hat sie von hinten oder im Halbprofil gesehen. Sie kommt im allgemeinen immer frontal und bleibt frontal, denn das muß ihre Voraussetzung sein, nicht nur eine Gewohnheit. Man kann sagen, daß die Madonna kategorisch ist, was ihre uns zugekehrte Seite betrifft. Und wir wissen nicht genau, was sie hinten hat. Hier lassen sich Hypothesen aufstellen, die an Wahrscheinlichkeiten grenzen.

Möglicherweise hat die Madonna hinten denselben Kleiderstoff wie den, den man vorne sehen kann. Vielleicht mit einer weiteren Falte und in der Taille ziemlich üppig, von den Schulterblättern bis zum Boden. Denn vorne scheint das Kleid gewöhnlich wie ein Lodenmantel geschnitten zu sein, das heißt Raglanärmel und keine Schulterpolster, und dann fällt es gerade und glatt bis zu den Knöcheln. Knöpfe oder Verschnürungen wurden noch von niemandem bemerkt, und der Stoff dürfte, was man so sieht, ein leichtes Tuch oder ein ziemlich lappiger Baumwollgabardin sein. Es handelt sich also ohne Zweifel um eine Uniform in verschiedenen Größen und Ausführungen für Winter und Sommer, zulässig ist wohl auch da oder dort ein Firlefanz oder eine prunkvollere Ausführung für Paraden und feierliche Anlässe. Zum Beispiel Kreppschleier mit Gold- und Silberstickereien; oder mit Fransen umsäumte Schals.

In Borgoforte habe ich mich noch einmal erkundigt, um sicher zu sein; und dort sagt eine dem Alter nach ziemlich alte Frau, daß die Madonna nach ihrer Meinung immer gestärkt und starr dasteht und den Mund nicht bewegt, auch wenn sie spricht. In diesen Fällen läßt sich, glaube ich, sagen, die Madonna ist Bauchrednerin, wenn sie will, und sie bleibt reglos, und man hört die Stimme, weil sie sich verhalt, als wäre sie von Natur aus eine Kirchenstatue. - (mond)

 

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