Lust, beleidigte    Die Händlerin bemerkte, wie die Stimme des Halbflüglers immer zudringlicher wurde und seine Erregung, von Schwatzsucht aufgepeitscht, ihrem Höhepunkt entgegeneilte. Da unterbrach sie ihn plötzlich und rief nach dem Opal. Sie erklärte, daß sie manches zu seinem Wohlgefallen tun wolle, wenn er ihr bloß vorher den Edelstein aushändigte. Ohne es weiter zu bedenken, reichte ihr das drangvolle Männlein, wonach sie verlangte, und sie legte den mit Krötenblut und -gedärm verschmierten Augenstein in ihren Mund. Im nächsten Augenblick überwand sie ihren Ekel und wurde nun selbst von einer großen Begierde erfaßt. Sie griff sich den Schimmelpelz und setzte ihn auf ihre Hüfte. Doch wie sie ihn auch zu packen, zu drücken, zu empfangen suchte, er fühlte sich überall an wie morsches Geäst. Unter ihren erhitzten Händen zuckte das Männlein einmal schwächlich auf und schon war die Erfüllung seines Äonenlebtags vorüber, es war zu gar nichts mehr zu gebrauchen. Sie wollte es aber nicht lassen und zog und preßte es an sich, doch der Halbflügler entwand sich ihr mit flatterhaftem Gewäsch, versetzte sich in eine aufgeplusterte Hysterie und hangelte blitzschnell am nächsten Strahl hinauf und zurück in den Sonnenschacht. Die Händlerin aber schrie vor beleidigter Lust und wand sich in ihrem Bett.  - Botho Strauß, Der junge Mann. München 1984
 

Lust

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