upe  An diesem Tag war Monsieur Traum eine auf dem Familienphoto verblaßte Gestalt, die seine Nichte mit der Lupe betrachtete. Wie drollig Onkelchen aussah, angeblich ähnele ich ihm, aber ich möchte wissen wieso.

Sie geht mit dem Album zur Haushälterin, die den Tisch deckt, zeigt ihr das Photo und fragt sie, ob sie ihrem Onkel ähnlich sehe. Sie fügt hinzu oh Verzeihung, Sie haben ja Ihre Brille nicht auf.

Die Haushälterin antwortet unverzüglich ich brauche keine Brille und auch keine Photographie. Sie ähneln ihm wie ein Ei dem andern. Und Sie haben den gleichen Charakter und die gleichen Manien. Liebe zu den Sätzen, Unliebe zu den Menschen

Warum sagen Sie das, Sosie? sagt Siso.

Weil es die Wahrheit ist, sagt Sosie.

Und sie fügt hinzu Sie werden wie Ihr Onkel, boshaft und häßlich.

Wie liebenswürdig, sagt Siso.

Ich bin nicht mehr in dem Alter, wo man den Leuten schmeichelt, sagt Sosie.

Und sie fügt hinzu einstweilen sind Sie so lieb und sprengen den Gemüsegarten, der trocken ist wie ein Eselsschwanz. Bis zum Mittagessen ist noch eine Stunde. Ich habe einen Hasen mit Kräutern gemacht.

Doch Siso beginnt über Sosies Bemerkung nachzudenken.

Sie ist enttäuscht, daß sie ihrem Onkel ähnelt. Dann steckt sie die Lupe wieder in ihr altes Etui.   - (rp2)

Lupe ⁽²⁾ So wie ich einmal in einem Vergrößerungsglas ein Stück von der Haut meines kleinen Fingers gesehen hatte, das einem Blachfeld mit Furchen und Höhlen glich, so ging es mir nun mit den Menschen und ihren Handlungen. Es gelang mir nicht mehr, sie mit dem vereinfachenden Blick der Gewohnheit zu erfassen. Es zerfiel mir alles in Teile, die Teile wieder in Teile, und nichts mehr ließ sich mit einem Begriff umspannen. - Hofmannsthal, Brief des Lord Chandos. nach  (ray)

Lupe ⁽³⁾

- N. N.