ügner
Die Ehrlosigkeit (ein Gegenstand der moralischen
Verachtung zu sein), welche die Lüge begleitet, die
begleitet auch den Lügner, wie sein Schatten. Die Lüge kann eine äußere (mendacium
externum), oder auch eine innere sein. – Durch jene macht er sich in anderer,
durch diese aber, was noch mehr ist, in seinen eigenen Augen zum Gegenstande
der Verachtung, und verletzt die Würde der Menschheit in seiner eigenen Person;
wobei der Schade, der anderen Menschen daraus entspringen kann, nicht das Eigentümliche
des Lasters betrifft (denn da bestände es bloß in der Verletzung der Pflicht
gegen andere), und also hier nicht in Anschlag kommt, ja auch nicht der Schade,
den er sich selbst zuzieht; denn alsdenn würde es bloß, als Klugheitsfehler,
der pragmatischen, nicht der moralischen Maxime widerstreiten, und gar nicht
als Pflichtverletzung angesehen werden können. – Die Lüge ist Wegwerfung und
gleichsam Vernichtung seiner Menschenwürde. - Immanuel Kant, Metaphysik
der Sitten
Lügner (2) Der
Lügner gebraucht die gültigen Bezeichnungen, die Worte,
um das Unwirkliche als wirklich erscheinen zu machen;
er sagt zum Beispiel: „ich bin reich", während für seinen Zustand gerade
„arm" die richtige Bezeichnung wäre. Er mißbraucht die festen Konventionen
durch beliebige Vertauschungen oder gar Umkehrungen der Namen.
Wenn er dies in eigennütziger und übrigens Schaden bringender Weise tut, so
wird ihm die Gesellschaft nicht mehr trauen und ihn dadurch von sich ausschließen.
Die Menschen fliehen dabei das Betrogenwerden nicht so sehr als das Beschädigtwerden
durch Betrug: sie hassen, auch auf dieser Stufe,
im Grunde nicht die Täuschung, sondern die schlimmen, feindseligen Folgen gewisser
Gattungen von Täuschungen. In einem ähnlichen beschränkten Sinne will der Mensch
auch nur die Wahrheit: er begehrt die angenehmen, Leben erhaltenden Folgen der
Wahrheit, gegen die reine folgenlose Erkenntnis ist er gleichgültig, gegen die
vielleicht schädlichen und zerstörenden Wahrheiten sogar feindlich gestimmt.
Und überdies: wie steht es mit jenen Konventionen der Sprache?
Sind sie vielleicht Erzeugnisse der Erkenntnis, des Wahrheitssinnes, decken
sich die Bezeichnungen und die Dinge? Ist die Sprache der adäquate Ausdruck
aller Realitäten? - Friedrich Nietzsche, Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen
Sinne
Lügner (3)
Schwört mir die Liebste, sie sei ganz aus Tugend, So eitel hoffend, daß sie jung mich wähne, Doch was gesteht sie nicht die Sünden ein? So lüg ich denn, laß mich vom Trug umstricken, |
- Shakespeare (Übs. Therese Robinson)
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