uder   Freitag, den 7. Mai, war ich mit Dr. Johnson bei Hester Thrale in Southwark zum Frühstück geladen. Während wir noch allein waren, suchte ich eine Frau*, deren Ehe durch Parlamentsbeschluß geschieden worden, nach bestem Vermögen zu rechtfertigen. Ich machte geltend, ihr Gatte habe sich sehr schlecht gegen sie benommen, er habe sie mißhandelt, so daß sie nicht mehr mit ihm zusammenleben konnte, ohne sich etwas zu vergeben; damit sei bei ihr jedes Gefühl für ihn erstorben; vom Wesen der ehelichen Gemeinschaft sei nur noch die äußere Form, eine leere Hülse, zurückgeblieben; dabei sei sie doch in den besten Jahren und ganz danach angetan, einen Mann glücklich zu machen; es wäre schade gewesen, wenn ihre Reize brach gelegen hätten, und der Mann, um dessentwillen sie geschieden wurde, habe ihr Herz gewonnen, während sie sich in dieser unglückseligen Lage befand. Bestrickt von ihrem gewinnenden Wesen, suchte ich dergestalt zu beschönigen, was sich, wie ich wohl wußte, nicht rechtfertigen ließ; und als ich mit meiner Fürsprache zu Ende war, erteilte mir mein Freund denn auch die verdiente Zurechtweisung: «Mein Lieber», sagte er, «fangen Sie bloß nicht an, Tugend und Laster durcheinanderzubringen. Die Frau ist ein Luder, und damit Punktum.»  - (johns)

* Lady Diana Spencer, Tochter des Charles, Herzogs von Marlborough, 1757 mit Viscount Bolingbroke verheiratet, von dem sie sich 1768 scheiden ließ, um unmittelbar danach Topham Beauclerk zu heiraten.

Luder (2)
 

DIE BALLADE VON DER TREULOSEN CYLAEA

Es ist ein Trost, daß noch der Himmel grün und bleich
im Wasser liegt und Bäume um den Teich
so dicht herumgebogen sind.
Man zieht sich aus und schmeißt das müde Fleisch
den Fischen hin und oben stolpert das Gekreisch
der Krähen durch den Wind.
Cylaea hatte eine Höllenangst vor jedem Tier,
sie war mein schönstes, und ihr Herz, das fand ich hier.

Ich fand es hier an einem Sommertag,
der auf dem Wasser müde und verbummelt lag.
Die Luft erbrach sich fast vor Fruchtbarkeit,
und unsereins hat Gott wer weiß wie lang nicht mehr
sich in ein Weiberfell hineingewühlt.
Cylaea sang, vom Fliederwind umkühlt,
ihr schönstes Lied, bis schwarz wie Teer
die Nacht herunterfiel; da fror sie ohne Kleid.

Ich hieb drei Zweige ab vom Fliederstrauch
und legte sie ihr auf den Bauch,
sie war erst vierzehn und ein viertel Jahr
und schon wie eine Alte aufgetan,
sie hatte bis zum Nabel oben schwarzes Haar
und tief versteckt die Muschel für den Mann.
Egal, was ihr von mir und von Cylaea denkt.
sie hat mir nicht nur eine Nacht geschenkt,

Zuletzt hat mich das Luder doch genarrt.
Ach, ohne ihren Mund, wie ist das Gras so hart l
Und auch das Wasser ist kein Weiberschoß.
Wenn sich der dunstigbleiche Teich
mit einer Mondfrau paart... vielleicht
wird dann mein Herz die grünen Seufzer los
und singt der Liebe bald ein neues Lied,
das wie ein Netz die Muscheln aus der Tiefe zieht.

Nachsatz:

Im Sommer soll man sich vom Wind
weit durch die Wälder treiben lassen;
es ist nicht gut, bei einer Jungfrau Fuß zu fassen,
ihr Herz ist wie der Schnee, der auf der Haut zerrinnt.

 -  Die lasterhaften Balladen des François Villon. Nachdichtung von Paul Zech. München 1962 (dtv 43, zuerst ca. 1460)

Luder (3)   1. jedes tote Tier, mit dem man Raubwild und Raubzeug anlockt, vgl. Aas; 2. Federspiel, mit dem der Beizvogel angelockt wird. - (waid)
 

Weibchen Verkommenheit Aas Locken

 

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