okomotive   Der kleine, trockene und nervöse Arzt, der es sehr eilig zu haben schien, hatte bei der Vernehmung durch den Coroner nicht viel ausgesagt. Er hatte von dem »völlig skalpiertem Kopf gesprochen, von den beiden abgeschnittenen Armen, von dem ›Fleischklumpen‹, den man ihm gebracht hatte.

»Können Sie die Todesursache feststellen?«

»Zweifellos hat die Lokomotive den Tod verursacht. Der Schädel ist wie der Deckel einer Dose abgerissen, und in einer Entfernung von mehreren Metern wurden Gehirnfetzen gefunden.«

»Sind Sie der Auffassung, daß Bessy noch lebte, als sie überfahren wurde?«

»Ja.«

»Ist es möglich, daß sie bewußtlos war, entweder infolge von Schlägen oder einer Vergiftung?«

»Das ist möglich.«

»Haben Sie Spuren von Schlägen festgestellt, die ihr vor dem Tode versetzt worden sind?«

»Bei dem Zustand der Leiche ist eine derartige Feststellung unmöglich.« - Georges Simenon, Maigret in Arizona. München 1976 (Heyne Simenon-Kriminalromane 16, zuerst 1949)

Lokomotive (2)  Nachdem Jacques mit dem Messer zugestochen hat: »Er wunderte sich. Er hörte das Schnüffeln eines wilden Tieres, das Grunzen eines Keilers, das Gebrüll eines Löwen: und er beruhigte sich, er selber schnaufte. Endlich! Endlich! Er hatte sich also Befriedigung verschafft, er hatte getötet! Die Frau hatte er getötet, er besaß sie, wie er sie schon so lange zu besitzen begehrte, voll und ganz, bis zur restlosen Vernichtung.« Zwar gerät Jacques in den Willkürapparat der Justiz, aber ein anderer wird an seiner Stelle verurteilt. Doch nach wie vor rumort das Tier in ihm. Er wird nur deswegen nicht ein zweites Mal zum Mörder, weil er selber zu Tode kommt. Ein eifersüchtiger Rivale holte ihn vom Führerstand der Lokomotive herunter, so daß ihn der eigene Zug zerstümmelt. Der Eisenbahnzug, der Soldaten an die Front bringen soll, fährt ohne ihn, den Lokomotivführer. Nicht bloß aus dem Menschen, auch aus seinem Werk wie der Lokomotive bricht das Tier hervor: »Endlich konnte die Störrische, die Wunderreiche dem Feuer ihrer Jugend nachgeben wie eine noch ungezähmte Stute, die den Händen des Hüters entkommen war und über das flache Land galoppierte... Was lag schon an den Opfern, die die Lokomotive unterwegs zermalmte! Fuhr sie nicht trotz allem der Zukunft entgegen, unbekümmert um das vergossene Blut? Ohne Führer inmitten der Finsternis, wie ein blindes und taubes Tier, das man in den Tod rennen ließ, rollte und rollte er dahin, beladen mit jenem Kanonenfutter, jenen Soldaten, die schon stumpfsinnig von Müdigkeit und betrunken waren und sangen.«  - Emile Zola, nach (loe2)

Lokomotive (3) Ich entdecke plötzlich, daß das Bild, das mir bei meinem ersten Versuch, in die Vergangenheit zu schauen, erschien: eine Lokomotive, die eine Reihe von Waggons über eine Steigung hinanschleppte - daß dieses Bild aus jener auf dem Diwan verbrachten Nacht stammt, wo ich den Atemzügen meines sterbenden Vaters lauschte. So machen Lokomotiven, die ungeheure Lasten hinter sich herschleppen: zuerst keuchen sie regelmäßig, plötzlich beginnen sie zu hasten, plötzlich setzen sie aus, was auch bei ihnen wie die stumme Ahnung von etwas Fürchterlichem wirkt. Denn wer dies hört, muß fürchten, daß die Lokomotive samt ihrem langen Anhang kopfüber hinunterstürzen wird. - (cos)

Lokomotive (4)   Der Morgenzugr kam von Ciampino herauf, ganz schwarz, und tat wie ein erboster Feuerwehrler, schickte aus dem Schornstein Explosionen von braunem Rauch gen Himmel und dann, plötzlich, weißen Dampf, puffte dahin, fuffuffumi, daß es sich wie Gewehrsalven anhörte, un4 man zu fragen versucht war: aber was ist denn los mit dir - und paffte so nach unten weg aus einem Paar zylindriger Säcke - hierhin, dorthin, als ob er ebenerdige Schnurrbärte hätte. Es trieben und drehten sich die glänzenden und geölten Stangen und die wie von einem irren Scherenschleifer angetriebenen Kurbeln, mit einem Geruch gesottenen Öls, in der tragischen Überwindung der kleinen Geländesteigung des Ingenieurs Ne-groni. Sah aus, der Zug, als wollte er einem an die Gurgel springen, einem Gift und Galle ins Gesicht spucken, und weil er nicht hinten hoch kann vor lauter Gicht, schießt er die Wut, die er im Bauch hat, aus allen Nasenlöchern heraus, und gleichzeitig bei den Füßen.

Jenseits vom Bahnwärterhäuschen, entlang dem grauen Pfad an der fliehenden Böschung, beeilten sich derweil zwei oder drei tödlich verschreckte Hennen, ungewohnterweise jedoch mucksmäuschenstill, in beschleunigtem Kratzfußtempo die Gleise hinab zu entfleuchen: sie dann flatternd zu überqueren, im geeignetsten Moment, knapp vor den Puffern und den drübersitzenden Scheinwerfern, mit jener vorbedachten Selbstmördergesinnung, die ihnen eigen ist.  - Carlo Emilio Gadda, Die gräßliche Bescherung in der Via Merulana. München 1988

Lokomotive (4) 

Fliegende Lokomotive überm Meer

- N. N.

 

Eisenbahn

 


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