»Das ist aber schön, und wie interessant!« so war ihre Rede,
als sie ihn ansah, und ihr hübscher Mund sprach
weiter: »Lobt mich aber nicht zu sehr, es könnte nämlich leicht
sein, daß Ihr Euch damit selber verunehrt. Ich mag es nicht,
daß jeder Mund sich erlaubt, mir mitzuteilen,
was er von mir hält. Ist mein Lob denn so gemein?
Dann wäre es nicht viel wert. Wenn es der Kluge und der Dumme,
der Grade und der Krumme im Mund führt — wo soll es sich denn
dann noch emporrecken und sich in
seinem wahren Adel sehen lassen? Ich will mein Lob lieber bei
mir behalten und nur jene, die was davon verstehen, damit hantieren
lassen. Ich weiß nicht, mein Herr, wer Ihr seid. Es wäre Zeit
für Euch davonzureiten. - Wolfram von Eschenbach,
Parzival. Frankfurt am Main 1993 (zuerst ca. 1200, Übs. Peter
Knecht. Die Andere Bibliothek 100)
Lob (2)
politisches.
ich lobe diese jahre.
man kann
keine bessere zeit geben ich bin in diesen gross geworden, niemand
hat meinen fluch beschlagnahmt, die waffen meines geists, bakterien,
ich züchte sie. fördert die unsicherheit bestecht
um zu korrumpieren schreiben sie denn diese flut soll noch nicht
aufhören konsumiert der schwachsinn ist lebensfähig ihr werdet
unbehelligt bleiben.
ein arschloch findet was zu protestieren,
wer diese zeit nicht nützt!!
macht euch klar: die unsicherheit
ist die der polizei
diese verfahrenheit die des verfahrens
diese korruption die des geistes
dieser streit der der
wissenschart
dieses dilemma das der logik
die probleme
die der redaktionen
diese sonntagskleider die der christen
diese arbeit die der proleten
die begriffe die der philosophie
(amtsdeutsch)
revolutionen der dichter
diese freiheit die
der diebe
den rednern stabreime.
hindert nicht das leben
dieser situation. - Oswald Wiener, Die Verbesserung von
Mitteleuropa. Roman. Reinbek bei Hamburg 1969
Lob (3) Auf Lob und auf Ehrungen legt man genau
in dem Maße Wert, wie man des Gelingens unsicher ist. Der Eitelkeit
liegt die Bescheidenheit zugrunde. Um sich zu bestätigen, sucht man die Zustimmung,
und um die vielleicht unzureichende Lebenskraft des eigenen Werkes zu unterstützen,
möchte man es mit der warmen Bewunderung der Menschen umhüllen, so wie man eine
Frühgeburt in Watte legt. Wer aber sicher, völlig sicher ist, ein lebensfähiges
und dauerhaftes Werk hervorgebracht zu haben, der hat mit dem Lob nichts mehr
zu schaffen und fühlt sich über den Ruhm erhaben: weil
er weiß, daß er ihn hat, und weil die Freude, die er empfindet, eine göttliche
Freude ist. -
Henri Bergson, nach: Pierre Janet, Die psychischen Merkmale der Ekstase. In: R.R. Eine Dokumentation.
Hg. Hanns Grössel. München 1977
Lob (4) »Du sagst nie nein,
du lehnst nie etwas ab. Du machst nie Zicken.« »Du bist überhaupt nicht passiv,
aber du bist auch nicht aufreizend.« »Du bist ganz natürlich, weder reserviert
noch ordinär, nur ab und an ein ganz kleines bisschen maso...« »Bei den Partys
bist du immer die Erste, immer vorne am Bug...« »Einmal hat Robert dir ein Taxi
geschickt, als wäre es ganz dringend, und du bist ganz selbstverständlich gekommen.«
»Man hat dich als Phänomen betrachtet; selbst bei unzählig vielen Typen bleibst
du bis zum Schluss immer gleich, gibst dich ihnen hin. Du spielst weder die
Frau, die ihrem Kerl einen Gefallen tut, noch die große Schlampe. Du warst wie
ein ›Kumpel‹.« Folgender Eintrag im intimen Tagebuch
eines Freundes schmeichelt meiner Selbstliebe immer noch: »Catherines Gelassenheit
und Gefügigkeit in jeder Situation verdienen größtes
Lob.« - Catherine Millet, Das sexuelle Leben der
Catherine M. München 2001
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