Literaturlehrer  Unter den Gestalten, die ich im Lauf des einzigen Schuljahres, das ich an der École des Baccalauréats verbrachte, flüchtig wahrnahm, gibt es noch eine, die ich nicht vergessen habe und gern so weit zur Geltung bringen möchte, bis sie jenes Eigenleben von Statuen oder Porträts erreicht: ich spreche von meinem Literaturlehrer, einem großen, hageren und braunen Mann, den ich seit dieser Zeit in die Familie der Edgar-Allan-Poe-Typen aufgenommen habe, sicher wegen seines erleuchteten Gesichts mit den unordentlichen Haaren; später stellte ich mir den Zigeuner Heathcliff mit seinen Zügen vor, als ich Die Sturmhöhe las. Sehr vernachlässigt in seinem Äußeren, verpestete er mit seinen Schweißfüßen (in großen, ausgetretenen Schuhen) und seinen ewigen Zigarren die Klassenzimmer. An einem Gymnasium wie Janson hätte er mit seinem abgezehrten Gesicht, seiner Schmuddligkeit, seinen mergel- oder olivfarbenen abgetragenen Anzügen, dem in seinen Augen schwelenden Feuer und allem, was an seiner Person romantisch und verwüstet zu sein schien, eine unmögliche Figur abgegeben; aber innerhalb der schäbigen Kulisse der Schule in der Rue de Passy schien er einen für ihn wie geschaffenen Rahmen gefunden zu haben.  - Michel Leiris, Die Spielregel I. Streichungen. München 1982 (zuerst 1948)
 
 

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