iebesgott   »Ich werde Euch alles sagen, was Ihr zu wissen verlangt; ich werde Euch alles offenbaren, was in der Welt vorgeht; ich werde Euch die Fehler der Menschen aufdecken; ich werde Euch fortan als Schutzgeist zur Seite stehen, und da ich etwas gebildeter bin als der Genius des Sokrates, so will ich Euch noch gelehrter machen als diesen großen Philosophen. Kurz, ich schenke mich Euch mit allen meinen guten und schlechten Eigenschaften, die einen werden Euch so nützlich sein als die andern.«

»Recht artige Versprechungen«, sagte der Student, »aber ihr Herren Teufel, wißt ihr auch, daß man allgemein von euch sagt, ihr nehmt es mit dem Worthalten nicht besonders genau?« -»Dieser Vorwurf«, versetzte Asmodeus, »ist nicht ganz unbegründet. Die meisten meiner Brüder machen sich kein Gewissen daraus, euch Menschen ihr Wort zu brechen. Ich aber, der ich ohnehin den Dienst, den ich von Euch erwarte, nicht teuer genug bezahlen könnte, bin Sklave meiner Schwüre, und ich schwöre Euch bei allem, was sie unverletzlich macht, daß ich Euch nicht betrügen werde. Verlaßt Euch auf meine Versicherung, und was Euch gewiß lieb sein wird, ich erbiete mich, Euch noch heute nacht an dieser treulosen Dona Thomasa zu rächen, die vier Schurken bei sich versteckt hatte, um Euch zu überfallen und zur Heirat mit ihr zu zwingen.«

Das letzte Versprechen war dem jungen Zambullo besonders angenehm. Um die alsbaldige Erfüllung desselben herbeizuführen, griff er schnell nach der Flasche, worin der Geist war, und warf sie, ohne sich um die etwaigen Folgen zu bekümmern, aus Leibeskräften auf die Erde. Sie zerbrach in tausend Scherben und befeuchtete den Boden mit einer schwärzlichen Flüssigkeit, die allmählich verdunstete und in Rauch überging. Auf einmal zerstreute sich dieser Rauch, und vor den Augen des erstaunten Musensohns erschien eine etwa zweieinhalb Fuß hohe und auf zwei Krücken gestützte Menschengestalt im Mantel. Das kleine hinkende Ungeheuer hatte Bocksfüße, ein längliches Gesicht von schwarzgelber Farbe, ein spitziges Kinn und eine plattgedrückte Nase; seine winzigen Äuglein funkelten wie glühende Kohlen, und über seinem weitgespaltenen Mund mit den hoch aufgeworfenen Lippen starrte hakenförmig ein roter Schnurrbart.

Auf dem Kopf trug dieser reizende Liebesgott eine Art Turban von rotem Krepp, mit einem Busch von Hahnen- und Pfauenfedern aufgestutzt. Um den Hals hatte er einen breiten Kragen von gelber Leinwand, mit mancherlei Zeichnungen von Halsbändern und Ohrengehängen verziert. Seine übrige Kleidung bestand in einem kurzen Rocke von weißem Atlas, in der Mitte mit einer breiten Binde von Pergament gegürtet, die ganz mit Talismanziffern überschrieben war. Auf dem Rock sah man allerhand Gemälde: verschiedene Arten von Busenschmuck zu sehr vorteilhaftem Gebrauch der Damen, Schärpen, bunte Schürzen, neue Kopfputze, immer einer greller als der andere.

Dies alles war übrigens noch nichts gegen seinen Mantel, der ebenfalls weißen Atlas zum Grund hatte. Es waren darauf eine unendliche Menge Figuren mit solcher Keckheit des Pinsels und solchem Ausdrucke getuscht, daß man wohl sah, der Teufel müsse ein Meister in dieser Kunst sein. Auf der einen Seite gewahrte man eine in ihre Mantille gehüllte spanische Dame, die auf dem Spaziergang mit einem Fremden liebäugelte; auf der andern eine Französin, die allerhand neue Gesichter vor dem Spiegel machte, um ihre Zauberkraft an einem jungen Abbé zu versuchen, der schön geschminkt und mit Schönpflästerchen belegt vor der Türe ihres Zimmers erschien. Hier italienische Kavaliere, die unter den Balkonen ihrer Geliebten sangen und Zither spielten; dort saßen Deutsche mit aufgeknöpfter Weste im verwahrlosesten Zustande, besoffen und von Tabak beschmutzt, um einen Tisch her, der von den Überbleibseln ihrer Schmauserei troff. An einem andern Orte sah man einen vornehmen Muselmann aus dem Bade steigen und von allen Frauen seines Serails umgeben, die ihm um die Wette ihre Dienste anboten; an einem dritten entdeckte man einen englischen Gentleman, der seiner Dame galant eine Pfeife und Bier präsentierte. - Alain René Lesage, Der Hinkende Teufel. Nördlingen 1987 (Greno 10/20, zuerst 1707)

Liebesgott (2)  Wenn der mächtige Amor einen Sterblichen befällt, macht er ein dummes, schreckliches Tier aus ihm, dessen Stärken und Schwächen er aufs äußerste steigert; und das sich gebärdet, als hätte man ihm die Haut abgezogen, toll vor Empfindlichkeit und Gewalt. Er verwandelt für dieses Wesen alles ringsumher in eine Wildnis. Nichts gilt ihm mehr etwas außer dem, was seine Leidenschaft anfacht oder verschlimmert. Blind stößt es sich an allem, was ihm sonst in seiner Umgebung vertraut war. Zertrampeln, zerreißen, was ihm in die Quere kommt, ist seine Hauptbeschäftigung. Alle Gesetze sind über den Haufen geworfen. Seine Intelligenz wird phantastisch verstärkt und bedrohlich umdunkelt. Es bringt im Geiste jedweden Lebenden um, den es fürchtet oder als Hindernis beargwöhnt. Ja, im heftigsten Augenblick würde es das geliebte Wesen unterschiedslos sowohl töten wie besitzen. - Paul Valéry, Cahiers, nach (enc)

Liebesgott (3)  

Cagliostro als Liebesgott

 - N.N., nach: Cagliostro. Dokumente zu Aufklärung und Okkultismus. Hg. Klaus H. Kiefer. München, Leipzig und Weimar 1991  (Bibliothek des 18.Jahrhunderts)

 

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