Eine Grenze für die Lebenszeit setzen sie sonst
nicht; nur wenn einer sehr alt wird, kommen alle Verwandten zusammen und
schlachten ihn feierlich und sonst noch Vieh
mit ihm; das Fleisch kochen sie und
verspeisen es dann. Solch ein Los gilt bei ihnen als das glücklichste;
wer aber an Krankheit stirbt, den verzehren sie nicht, sondern bergen ihn
in der Erde und halten es für ein Unglück, daß er es nicht erreicht hat,
geschlachtet zu werden. - (hero)
Lebenszeit (2) Sollte nicht manches von dem
was Herr Kant lehrt, zumal in Rücksicht auf das Sittengesetz Folge
des Alters sein, wo Leidenschaft und Neigungen ihre Kraft verloren haben,
und Vernunft allein übrig bleibt? — Wenn das menschliche Geschlecht in
seiner vollen Kraft etwa mit dem 40. Jahre stürbe, was für Folgen würde
dieses auf die Welt haben? Aus der Verbindung der ruhigen Weisheit des
Alters entsteht viel Sonderbares. Ob es nicht noch einmal einen Staat geben
wird, in welchem man alle Menschen im 45ten Jahre schlachtet? -
(
licht
)
Lebenszeit (3) Ein Kriegsschiff Man kann sich nicht vorstellen, was zu einem großen Kriegsschiff gehört. Zu einem englischen Schiff, das 100 Kanonen führt, gehören 1000 starke Eichen, also, daß man sagen kann, ein ganzer Wald; ferner 200 000 Pfund Eisen. Zu den Segeln sind erforderlich 6500 Ellen Tuch; das Tauwerk oder die Seile haben ein Gewicht von 164 000 Pfund, und wenn sie mit Teer überzogen sind, wie es sein muß, so wägen sie 200 000 Pfund. Das ganze Schiff hat ein Gewicht von 5 Millionen Pfund oder 50000 Zentnern, ohne die Mannschaft und Lebensmittel, ohne das Pulver und Blei; und schwimmt doch so leicht und sicher auf dem Wasser dahin, und geht, wohin der Mensch es haben will.
Wenn ein einziger Mensch ein solch Kriegsschiff bauen müßte, und verstünde alle Handwerker, die dazu gehören, so hätte er daran zu arbeiten 480 Jahre. Wenn er angefangen hätte im Jahr 1333, als noch keine Türken in Europa waren, und man fast noch 200 Jahre lang nichts vom Doktor Luther wußte, und hätte seit dem Tag für Tag daran gearbeitet, und lebte noch, so wäre er noch nicht fertig. Wenn also 480 Menschen daran arbeiten, so werden sie fertig in einem Jahr. Daraus kann man sehen, was es für ein entsetzlicher Verlust sein muß, wenn in einer Seeschlacht 8, ja 12 solcher Schiffe in die Gewalt des Feindes kommen oder untergehn, wenn sie auch etwas kleiner sind.
Wenn aber auch solch einem Schiff kein weiteres Unglück begegnet, so
dauert es höchstens doch nur 50 Jahre. [1809] - (
hebel
)
Lebenszeit (4) Als Gott die Welt geschaffen hatte und allen Kreaturen ihre Lebenszeit bestimmen wollte, kam der Esel und fragte 'Herr, wie lange soll ich leben?' 'Dreißig Jahre,' antwortete Gott, 'ist dir das recht?' 'Ach Herr,' erwiderte der Esel, 'das ist eine lange Zeit. Bedenke mein mühseliges Dasein: von Morgen bis in die Nacht schwere Lasten tragen, Kornsäcke in die Mühle schleppen, damit andere das Brot essen, mit nichts als mit Schlägen und Fußtritten ermuntert und aufgefrischt zu werden! erlaß mir einen Teil der langen Zeit.' Da erbarmte sich Gott und schenkte ihm achtzehn Jahre. Der Esel ging getröstet weg, und der Hund erschien. 'Wie lange willst du leben?' sprach Gott zu ihm, 'dem Esel sind dreißig Jahre zuviel, du aber wirst damit zufrieden sein.' 'Herr,' antwortete der Hund, 'ist das dein Wille? bedenke, was ich laufen muß, das halten meine Füße so lange nicht aus; und habe ich erst die Stimme zum Bellen verloren und die Zähne zum Beißen, was bleibt mir übrig, als aus einer Ecke in die andere zu laufen und zu knurren?' Gott sah, daß er recht hatte, und erließ ihm zwölf Jahre. Darauf kam der Affe. 'Du willst wohl gerne dreißig Jahre leben?' sprach der Herr zu ihm, 'du brauchst nicht zu arbeiten wie der Esel und der Hund, und bist immer guter Dinge.' 'Ach Herr,' antwortete er, 'das sieht so aus, ist aber anders. Wenns Hirsenbrei regnet, habe ich keinen Löffel. Ich soll immer lustige Streiche machen, Gesichter schneiden, damit die Leute lachen, und wenn sie mir einen Apfel reichen und ich beiße hinein, so ist er sauer. Wie oft steckt die Traurigkeit hinter dem Spaß! Dreißig Jahre halte ich das nicht aus.' Gott war gnädig und schenkte ihm zehn Jahre.
Endlich erschien der Mensch, war freudig, gesund und frisch und bat Gott, ihm seine Zeit zu bestimmen. 'Dreißig Jahre sollst du leben,' sprach der Herr, 'ist dir das genug?' 'Welch eine kurze Zeit!' rief der Mensch, 'wenn ich mein Haus gebaut habe, und das Feuer auf meinem eigenen Herde brennt: wenn ich Bäume gepflanzt habe, die blühen und Früchte tragen, und ich meines Lebens froh zu werden gedenke, so soll ich sterben! o Herr, verlängere meine Zeit.' 'Ich will dir die achtzehn Jahre des Esels zulegen,' sagte Gott. 'Das ist nicht genug,' erwiderte der Mensch. 'Du sollst auch die zwölf Jahre des Hundes haben.' 'Immer noch zu wenig.' 'Wohlan,' sagte Gott, 'ich will dir noch die zehn Jahre des Affen geben, aber mehr erhältst du nicht.' Der Mensch ging fort, war aber nicht zufriedengestellt.
Also lebt der Mensch siebenzig Jahr. Die ersten dreißig sind seine menschlichen
Jahre, die gehen schnell dahin; da ist er gesund, heiter, arbeitet mit
Lust und freut sich seines Daseins. Hierauf folgen die achtzehn Jahre des
Esels, da wird ihm eine Last nach der andern aufgelegt: er muß das Korn
tragen, das andere nährt, und Schläge und Tritte sind der Lohn seiner treuen
Dienste. Dann kommen die zwölf Jahre des Hundes, da liegt er in den Ecken,
knurrt und hat keine Zähne mehr zum Beißen. Und wenn diese Zeit vorüber
ist, so machen die zehn Jahre des Affen den Beschluß. Da ist der Mensch
schwachköpfig und närrisch, treibt alberne Dinge und wird ein Spott der
Kinder. - (
grim
)
Lebenszeit (5) Wenn man die Lebensjahre sämtlicher
Patriarchen, wie sie I Mos., Kap. 5, angegeben sind, addiert, und mit der
Zahl der Individuen dividiert, so erhält man zum damaligen Normalalter =
857,5; eine Zahl, die ganz in die Nähe der Burkhardtschen größern magnetischen
Variationsperiode von 846 Jahren fällt, und vielleicht sie selbst ist. Ebenso
nahe liegt ihr die in der spätem Geschichte sich beständig wiederholende Periode
von 800 Jahren und darüber — so daß dort Individuen ganze Geschichtsperioden,
höhere Menschen-Einheiten, zu sein scheinen. — Untersucht man, wie sich das
antidiluvianische Normalalter zum gegenwärtigen verhält, so findet man 857,5
: 71 1/9 = 12 : 1. Ferner: Henoch wurde bloß 365 Jahre
alt, und ›dieweil er ein göttlich Leben führte: nahm ihn Gott hinweg, und ward
nicht mehr gesehen‹. So läßt sich auch übersetzen, was von Christus geschrieben
steht, und schon andere haben Henoch mit einem antidiluvianischen Christus verglichen.
Wieder aber verhält sich 365:33 nahe wie 12, oder wenigstens doch schon über
11: 1. — Interessant ist weiter, wie Adam den Henoch, der im Jahr der Welt 622
geboren wurde, noch erlebte, und Henoch wieder den Noah, der 959 geboren wurde,
während Henoch erst 987 starb. Adam selbst erlebte noch den Methusalem, der
687 geboren wurde, während jener erst 930 starb; Methusalem starb erst im Jahre
der Sündflut. So fällt Henochs Leben genau in die Mitte der antidiluvianischen
Menschengeschichte, und Methusalem konnte noch im Jahre der Sündflut Adams Geschichte
und alle frühere aus unmittelbarer Überlieferung, so wie die spätere aus eigenem
Erleben, erzählen, und Noah, der die Sündflut 350 Jahr überlebte, war noch Zeuge
von Henochs ›Himmelfahrt‹. — Kann eine Patriarchengeschichte
einfacher und harmonischer sein, als diese? — wenigstens wäre sie schon als
bloße Komposition ein Meisterstück. - (
rit
)