ebensjubel Was
aber liegt, als der Geburtsschoß alles Hellenischen, hinter der homerischen
Welt? In dieser werden wir bereits durch die außerordentliche künstlerische
Bestimmtheit, Ruhe und Reinheit der Linien über die rein stoffliche Verschmelzung
hinweggehoben: ihre Farben erscheinen, durch eine künstlerische Täuschung, lichter,
milder, warmer, ihre Menschen, in dieser farbigen warmen Beleuchtung, besser
und sympathischer — aber wohin schauen wir, wenn wir, von der Hand Homers nicht
mehr geleitet und geschützt, rückwärts, in die vorhomerische Welt hineinschreiten?
Nur in Nacht und Grauen, in die Erzeugnisse einer an das Gräßliche gewöhnten
Phantasie. Welche irdische Existenz spiegeln diese widerlich-furchtbaren theogonischen
Sagen wider: ein Leben, über dem allein die Kinder der Nacht, der Streit,
die Liebesbegier, die Täuschung, das Alter und der Tod walten. Denken wir uns
die schwer zu atmende Luft des hesiodischen Gedichtes noch verdichtet und verfinstert
und ohne alle die Milderungen und Reinigungen, welche, von Delphi und von zahlreichen
Göttersitzen aus, über Hellas hinströmten: mischen wir diese verdickte böotische
Luft mit der finsteren Wollüstigkeit der Etrusker; dann würde uns eine
solche Wirklichkeit eine Mythenwelt erpressen, in der Uranos, Kronos
und Zeus und die Titanenkämpfe wie eine Erleichterung dünken müßten; der Kampf
ist in dieser brütenden Atmosphäre das Heil, die Rettung, die Grausamkeit des
Sieges ist die Spitze des Lebensjubels. Und wie sich in Wahrheit vom Morde und
der Mordsühne aus der Begriff des griechischen Rechtes entwickelt hat, so nimmt
auch die edlere Kultur ihren ersten Siegeskranz vom Altar der Mordsühne. - Friedrich Nietzsche, Homers Wettkampf
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