Lebensgenuß   Ein ›schlaues‹ Leben haben, darauf kam's ihr an; also bequem, denn anstrengen wollte sie sich nicht. Eugen war eine solche Einstellung sympathisch, wahrscheinlich well er auf vieles verzichten mußte; denn er malte sich gerne ein dolce far niente aus, das es für ihn nicht gab. Aber so gehörte es zu seiner Arbeit; schließlich hatte er niemals erwartet, es bequem zu haben. Außerdem lenkte der sogenannte Lebensgenuß nur vom Leben ab. Wenn dir in deiner Dachstube zu Stuttgart nichts Gescheites einfällt, dann werden dir auch auf den Seychellen oder in Acapulco keine poetischen Erleuchtungen zuteil... sagte er zu sich selber, wenn er samstags oder sonntags zur Nippenburg, nach Heimerdingen, Münchingen, Hemmingen, Höfingen und so weiter fuhr. Und es verwunderte ihn, daß Richard, der Arzt, zu ihm sagte: »Wenn ich nachts um eins an eurem Haus vorbeifahr, brennt bei dir immer noch Licht.« Ebenso Baldauf, der Architekt. Die hätten doch wissen können, daß jemand, der so etwas wie Eugen tat, nichts geschenkt bekam.  - Hermann Lenz, Seltsamer Abschied. Frankfurt am Main 1990
 
 

Leben Genuß

 

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