ebensabend Verehelicht
und verelendet... wie wenig unterhaltsam ist der Lebensabend!... Ich bin platt
geworden in meinem Hause, an der Seite meiner Frau und meiner Kinder. .. in
einer zauberhaften Oase. Ich habe viele Bäume,
von denen der bemerkenswerteste ein fünfhundertjähriger Maulbeerbaum ist., eine
herrliche Weinlaube, eine riesige Schwarzpappel, mehrere Akazien und drei Feigenbäume,
von denen einer zwanzig Ellen hoch ist. Außerdem gibt es Granatapfelbäume, Birnbäume,
weiße Maulbeeren und ich weiß nicht was noch. An Blumen, unvergleichliche Rosenbüsche,
die Paulina den ganzen Marienmond (Mai) mitBlüten versorgt haben. Ein Jasminbusch
in Lebens- das heißt Mauergröße; Dahlien, Flieder, Oleander, wundervolle Lilien,
violette Malven, Witwenmohn, einhundertfünfzig Töpfe mit exotischen Pflanzen,
viel Monibus, viel Efeu, viele Donpedros. Ich habe Pfefferschoten gesät, Tomaten,
Kürbisse, Gurken, Schnittlauch, was für den Jahres bedarf aus reicht. Petersilie
habe ich für hundert Familien. Siebenundzwanzig Hennen und einen Hahn habe ich
gekauft. Sie legen fünfzehn bis zwanzig Eier täglich. Ich habe eine Putenglucke,
die jeden Tag eines der untergelegten vierundzwanzig Eier frißt, was mich krank
macht... Kurz, ich bin der richtige Gentleman vom Land. -
Pedro Antonio de Alarcón, Vorwort zu: P. A. A.: Der Freund des Todes. (Bibliothek
von Babel Bd. 1) Stuttgart 1984
Lebensabend (2)
Lebensabende. diese._Lebensabende! Die meisten mit Armut, Husten,
krummen Rücken, Süchtige, Trinker, auch einige Kriminelle, fast alle ehelos,
fast alle kinderlos, diese ganze bioneative Olympiade, eine europäische Olympiade,
eine zisatlantische, die den Glanz und die Trauer des nachantiken Menschen durch
vier Jahrhunderte trug. Wer glücklich geboren war, bekam vielleicht ein Haus,
wie Goethe und Rubens, wer schmal gestellt war, malte lebenslänglich, ohne einen
Sou in der Tasche, seine welligen Oliven, wer im Zeitalter lebt, das den Weltraum
erobert, blickt aus seinem Hinterzimmer auf einen Kaninchenstall und zwei Hortensien.
Übersieht man sie, kann man eigentlich nur eines entdecken: Sie standen alle
unter Zwang: „Wenn ich nicht zittere, wie die Natter in der Hand des Schlangenbandigers,
bin ich kalt. Alles was ich Brauchbares geschaffen habe, ist so entstanden",
sagte Delacroix und Beckmann schrieb: „Ich würde in Abzugskanälen
wohnen und durch alle Gullys kriechen, wenn ich mir nur dadurch die Möglichkeit
rettete, zu malen." Nattern, Gullys, Abzugs-kaiiäle - das ist das Vorspiel
zu den Lebensabenden. - Gottfried Benn, Altern
als Problem für Künstler. In: G. B., Essays, Reden, Vorträge. Wiesbaden 1965
(zuerst 1954)
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