eben, angenehmes
 

DIE BALLADE VOM ANGENEHMEN LEBEN AUF DIESER WELT

Er hat ein Bett und hat auch Feuer im Kamin,
es reitet hin und her auf seinen Knien
die reizende Marie. Von wegen jener Glut
sind beide unbedeckt; wozu auch nicht?!
Der süße Wein, der Hetzhund, jagt ihr Blut
zum letzten Schwung. Sie tuns bei Licht,
denn in der Finsternis ist manches unbequem.
Nur der, der lebt, lebt angenehm.

Auch der Villon hat sich noch nie ein Bein
hinkniend ausgerenkt, ein frommer Christ zu sein,
viel weniger noch um einen Bissen Brot
mit Bettel sich beschmutzt; ich danke sehr!
Es kommt die schwarze Pest und Hungersnot
auch zu dem frommen Mann und säuft ihn leer.
Ich frage nicht, woher, wohin die Winde wehn.
Ich habe und wer hat, lebt angenehm.

Da lieg ich, wie ich bin, im hohen Gras
und denk nicht anderes als das,
daß von dem Baum nicht weit der Apfel fällt.
Und in dem Apfel wohnen schon die Würmer drin,
damit er nicht zu lange sich am Stengel hält,
und dabei kommt der Spruch mir in den Sinn:
Mensch, wenn was kommt, frag nicht wofür, für wen,
du hast, und wer was hat, lebt angenehm.

Es geht auf dieser grauen Elendswelt
wohl gar nichts ohne Sorgen um das Geld
und von dem Brot allein wird niemand satt im Darm.
Doch wenn man Wildpret hat und sich mit Wein
den Schlauch anfüllt und hinterdrein noch ein
vergnügtes Weibchen hält im Arm,
für den kann diese Welt zugrunde gehn,
er hat und also lebt er angenehm.

 - Aus: Die lasterhaften Balladen des François Villon. Nachdichtung von Paul Zech. München 1962 (dtv 43, zuerst ca. 1460)

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