asker-Schüler
Als ich vor vielen Jahren Else Lasker-Schüler zum ersten Male sah, war
es auf dem Kurfürstendamm. Sie trug ein bubenhaft geschnittenes Sammetkleid,
stand wie ein Spitzbube vor dem Cafe Größenwahn und blinzelte in die Frühlingssonne.
Sie war immer als sehr zanksüchtig bekannt. Sie griff jeden Menschen an, aber
hinter dem Zank und dem Angriff lag immer ein ziemlich starker Gerechtigkeitssinn.
Sie griff z. B. einmal den Maler Max Openheimer an. (Openheimer ist Wiener,
hat ziemlich viel Talent, war unter den Ersten, die die Möglichkeiten der Oskar
Kokoschkaschen Malerei erkannten, und kopierte ihn selbstverständlich.) Kokoschka
war zu einer Ausstellung nach München eingeladen und erfuhr, daß sein Nachahmer
bereits vor ihm eine Ausstellung in München arrangierte. Die Else Lasker-Schüler
war damals mit Openheimer befreundet, aber als sie seine Hinterlist sah, griff
sie ihn in der Zeitschrift «Sturm» an und verkehrte nicht mehr mit ihm. (So
sahen fast alle ihre Zänkereien und Angriffe aus.) Sie will die Menschen nur
als hauchartige reine Landschaften sehen. Sie ist heute der einzige hochgekommene
deutsche Dichter, der nicht die Emporkömmlingspose annahm, sondern immer das
Zusammengehörigkeitsgefühl mit dem Café Größenwahn aufrecht erhielt. Else Lasker-Schüler
hat sehr vornehme Bekannte. Sie war mehrere Male bei der Tochter des deutschen
Kaisers eingeladen, wo sie ihr Gedichte vorlas. Sie ist noch heute manchmal
zum Erbprinzen von Sachsen eingeladen. Sie hat schon vor der holländischen Königin
gelesen. In die vornehmsten Kreise lädt man sie ein, aber sie liebt das Bohemientum.
Sie fühlt sich nur zwischen den Zerlumpten wohl, denen sie ihre merkwürdigen
Märchen erzählen kann und die sie verstehen. - (
szi
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