Landgang

   

Kraken beim Landgang

- N. N.

Landgang (2)

Landgang (3)  Sie kamen In allen denkbaren Zuständen der Trunkenheit, einige mit blaugeschlagenen Augen und gebrochenen Schädeln, andere noch schlimmer verletzt, da sie Im Streit mit portugiesischen Soldaten Stiche davongetragen hatten. Andere, unverletzte, wurden sofort auf das Batteriedeck zwischen die Geschütze geworfen, wo sie für den Rest des Tages schnarchend liegen blieben. Da man mit den gerade vom Urlaub zurückgekehrten Kriegsschiffmännern stets weitgehende Nachsicht übt und da diese das genau wissen, machen sie sich dieses Vorrecht gelegentlich zunutze, um mit den Offizieren sehr freimütig zu reden, wenn sie über das Fallreep kommen. Dabei bemühen sie sich sehr, heftig umherzutaumeln, damit kein Zweifel darüber aufkommt, daß sie schwer betrunken und im Augenblick völlig unzurechnungsfähig sind. Und obgleich nur wenige von ihnen Grund haben, ihren Rausch vorzutäuschen, so besteht doch bei manchen der Verdacht, daß sie bei diesen Gelegenheiten eine einstudierte Rolle spielen. Tatsächlich haben viele Matrosen - das kann man aus gewissen Symptomen entnehmen - sogar, wenn sie richtig betrunken sind, sich vorher ihr Benehmen vorgenommen, genau wie es Leute gibt, die, ehe sie Lachgas emnehmen, insgeheim beschließen, während sie unter seiner Wirkung stehen, gewisse Streiche auszuführen, die sich dann genauso abspielen, als ob die Täter dafür nicht verantwortlich waren.

Mehrere Tage lang, während die anderen Halbwachen ihren Urlaub erhielten, bot die „Neversink" ein trauriges Bild. Sie glich mehr einem Irrenhaus als einer Fregatte; das Batteriedeck hallte wider von wilden Schlägereien, Geschrei und Gesang. Alle Besucher vom Land wurden um Kabellänge ferngehalten.

Aber diese Szenen sind gar nichts gegenüber solchen, die sich wiederholt auf amerikanischen Kriegsschiffen in anderen Häfen abgespielt haben. Doch ist die Sitte, im Hafen Frauen an Bord zu bringen, in der englischen wie auch in der amerikanischen Marine ziemlich abgekommen, es sei denn, ein Schiff unter dem Kommando eines liederlichen Kapitäns liegt zufällig in einem sehr abgelegenen fremden Hafen im Pazifik oder im Indischen Ozean.

Das britische Linienschiff „Royal George", das im Jahre 1782 vor Anker in Spithead sank, nahm an dem denkwürdigen Morgen neben den tausend Seelen, die damals ertranken, dreihundert englische Frauen mit auf den Grund.  - (weiss)

Landgang (4)  Wie zwei unbesiegbare Teufel tauschten Wolke und Meer ihre unsäglichen Geheimnisse aus. Die Flügel des Untiers Brusakan schwangen auf und ab und verursachten einen Aufschlag auf dem Wasser und eine Erschütterung auf der Erde. Feuerzungen und prasselnde Funken irrten überall hin und her. Die dem Strand benachbarten Bäume wurden sogleich angesengt und von dem Glutwind verbrannt, der aus den Flügeln des Untiers und aus seinen Nüstern hervorströmte wie aus einem hundertfach glühenden Blasebalg. Die Steine schmolzen. Und es heißt sogar, daß die Kinder, die das Unglück hatten, in jenem Augenblick auf die Welt zu kommen, blind geboren wurden, weil ihre Augen von dem Sturm des dämonischen Feuers verbrannt wurden. So schwamm Brusakan, die Hintertatzen als Ruder und ihre juwelenbesetzten Fledermausflügel als Segel benutzend, an den Strand, und dort tauchte ihre riesige Gestalt ganz und gar auf. Das Untier setzte die Hufe auf den Sand, brach durch den Kaschu-Wald, lief im prasselnden Galopp eines Raubtiers auf den Sertão zu und verschwand am rauchenden Horizont. Der Viehtreiber sagte, in dem Maße, in welchem das Untier an Land verschwand, habe es eine Veränderung durchgemacht: seine dämonische Doppelnatur verlor die Gestalt des Meeresungeheuers und nahm dafür die Kennzeichen eines Sertão-Raubtiers an: Krallen und Leib eines Jaguars oder einer singenden Hündin. Der Viehtreiber, dessen Augen wunderbarerweise verschont geblieben waren, stieg nun den Berg hinab und betrachtete den Ort, wo Brusakan verschwunden war. Der Durchzug des Ungeheuers hatte im Buschwald eine riesige feurige Schneise hinterlassen, einen rauchenden Tunnel, groß genug, um zwei Eisenbahnzüge hindurchzulassen. Es war, als ob ein Komet vorübergezogen wäre: der Boden war glatt und mit Asche bedeckt. - (stein)

Landgang (5)  Warum eigentlich hat es so lange gedauert, bis das auf der Erde längs fest etablierte Leben die Oberfläche dieses Planeten ganz in seiner Besitz nahm? Die Eroberung des festen Landes liegt weniger als 500 Millionen Jahre zurück. Warum hat das Leben diesen Schritt so späl erst getan? Die Antwort ist sehr einfach: Weil es, bis auf den heutigen Tag, kein einleuchtendes biologisches Argument gibt, das diesen Schritt als zweckmäßig erscheinen lassen könnte. Wir müssen unsere Frage daher genau umgekehrt stellen: Wie ist es zu erklären, daß das Leben jemals den gewaltigen und folgenschweren Sprung unternahm, der es aus dem Wasser, seiner Wiege und natürlichen Heimat, auf das trockene Land verschlug?

Daß uns heute das Wasser als feindliches, unser Leben bedrohendes Element erscheint, ist auch nur wieder ein eindrucksvolles Symptom für die Gründlichkeit, mit der die Natur uns den im Grunde höchst abnormen Existenzbedingungen angepaßt hat, denen ein lebender Organismus an der freien Luft ausgesetzt ist. Der Übergang von dem einen Element in das andere ist schon deshalb der rätselhafteste aller Entwicklungsschritte, weil er in dem Augenblick, in dem er sich vollzog, nicht den geringsten Vorteil, sondern nur Nachteile, Gefahren und Erschwernisse mit sich brachte.  - Hoimar von Ditfurth, Im Anfang war der Wasserstoff. München 1985  (zuerst 1972)

Landgang (6) 

 

Spaziergang Seemann

 

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