ächerlichkeit Alles
läßt sich lächerlich machen, der komische Witz bleibt
stets eine Lanzette, mit der man zwar der Vernunft den Star stechen, aber auch
das prüfende Auge verletzen kann. Man lachte über den armen, unbekannten Genueser
Schiffer, Colon, als unsinnigen Projektemacher, man lachte über Galilei
und Kopernikus.
Der nützlichste Gebrauch des Witzes und der Laune
wird stets sein, daß das, was im Menschen, in seinen Meinungen, Leidenschaften
und Handlungen vernunftwidrig ist, als belachenswürdig und ungereimt in helleres
Licht gestellt wird, damit Aberglaube und Schwärmerei,
Despotismus und Barbarei, Dummheit und Ungeschliffenheit
nicht die Oberhand gewinnen — bis hierher und nicht weiter!
Frecher Witz kann alles antasten, selbst das Heiligste,
aber zuletzt behält dennoch die Wahrheit den Sieg.
Bis dahin kann aber viel Unheil geschehen, sowie umgekehrt Schwachköpfe und
Götzendiener vieles als heilig und ehrwürdig ansehen mögen, worüber der Satyr
mit Recht lacht und worüber man schon vor Jahrtausenden
in der Stille, ja selbst öffentlicher lachte als im 19. Jahrhundert. Vom Lächerlichen
gilt, was vom Schönen überhaupt gilt: Man darf es
nicht zu genau betrachten. - (
kjw
)
Lächerlichkeit (2) Es gibt zwei Arten des Lächerlichen.
Entweder nämlich sind in der Erkenntniß zwei oder mehrere sehr verschiedene
reale Objekte, anschauliche Vorstellungen, vorhergegangen, und man hat sie willkürlich
durch die Einheit eines beide fassenden Begriffes identificirt: diese Art des
Lächerlichen heißt W i t z. Oder aber umgekehrt,
der Begriff ist in der Erkenntniß zuerst da, und man geht nun von ihm zur Realität
und zum Wirken auf dieselbe, zum Handeln über: Objekte, die übrigens grundverschieden,
aber alle in jenem Begriffe gedacht sind, werden nun auf gleiche Weise angesehn
und behandelt, bis ihre übrige große Verschiedenheit zur Ueberraschung und zum
Erstaunen des Handelnden hervortritt: diese Art des Lächerlichen heißt N a r r h e i t. Demnach ist jedes Lächerliche entweder ein witziger Einfall,
oder eine närrische Handlung, je nachdem von der Diskrepanz der Objekte auf
die Identität des Begriffs, oder aber umgekehrt gegangen wurde: ersteres immer
willkürlich, letzteres immer unwillkürlich und von außen aulgedrungen. Diesen
Ausgangspunkt nun aber scheinbar umzukehren und Witz als Narrheit zu maskiren,
ist die Kunst des Hofnarren und des Hanswurst: ein solcher, der Diversität der
Objekte sich wohl bewußt, vereinigt dieselben, mit heimlichem Witz, unter einem
Begriff, von welchem sodann ausgehend er von der nachher gefundenen Diversität
der Objekte diejenige Ueberraschung erhält, welche er selbst sich vorbereitet
hatte. - Es ergiebt sich aus dieser kurzen, aber hinreichenden Theorie des Lächerlichen,
daß, letztern Fall der Lustigmacher bei Seite gesetzt, der Witz sich immer in
Worten zeigen muß, die Narrheit aber meistens in Handlungen, wiewohl auch in
Worten, wenn sie nämlich nur ihr Vorhaben ausspricht, statt es wirklich zu vollführen,
oder auch sich in bloßen Urtheilen und Meinungen äußert.
Zur Narrheit gehört auch die P e d a n t e r e i.
Sie entsteht daraus, daß man wenig Zutrauen zu seinem eigenen Verstande hat
und daher ihm es nicht überlassen mag, im einzelnen Fall unmittelbar das Rechte
zu erkennen, demnach ihn ganz und gar unter die Vormundschaft der Vernunft stellt
und sich dieser überall bedienen, d. h. immer von allgemeinen Begriffen, Regeln,
Maximen ausgehn und sich genau an sie halten will, im Leben, in der Kunst, ja
im ethischen Wohlverhalten. Daher das der Pedanterei eigene Kleben an der Form,
an der Manier, am Ausdruck und Wort, welche bei ihr an die Stelle des Wesens
der Sache treten. Da zeigt sich denn bald die Inkongruenz des Begriffs zur Realität,
zeigt sich, wie jener nie auf das Einzelne herabgeht und wie seine Allgemeinheit
und starre Bestimmtheit nie genau zu den feinen Nuancen und mannigfaltigen Modifikationen
der Wirklichkeit passen kann. Der Pedant kommt daher mit seinen allgemeinen
Maximen im Leben fast immer zu kurz, zeigt sich unklug, abgeschmackt, unbrauchbar.
- (wv)