Diese vermutlich schockartige Selbstbegegnung mittels Psychoanalyse wurde
dann zu einem sehr dicken Buch verarbeitet, "Zettel's Traum", dem Denkmal
einer großen Verdrängung (plus "Verschiebung/Projektion", plus
"Sublimierung" plus "Selbst-Analyse"), ebenso aufschlußreich für
Arno Schmidts Werk wie partienweise quälend zu lesen.
Man vergleiche die rückhaltlose Bewunderung Schmidts für Poe und
besonders dessen"Heureka"-Mythologie in den frühen Stücken
("Leviathan", auch die Polemik gegen den Heureka-Übersetzer "WC-Neumann")
mit der im Wortsinn niederträchtigen Analyse desselben Stücks in
Zettel's Traum.
Die distanzierende "4. Instanz", der Humor also oder das Spiel mit den eigenen
Möglichkeiten und Grenzen, zeigte sich, vorübergehend, nur in der
"Schule der Atheisten".- Überhaupt scheinen Schocks die Entwicklung
von Schmidts Schreibweise bestimmt zu haben: Die endgültige
(räumliche) Trennung von seiner schlesieschen Jugend nach dem 2. Weltkrieg
(nicht der Krieg selbst!) hat dem jugendlich-romantischen Epigonen eine eigene
Sprache gegeben; die Psychoanalyse hat eine zweite, intellektuelle Trennung
von der Jugend, jedenfalls ansatzweise, bewirkt, und wieder einen neuen
Schreibansatz, bei gleichbleibender Thematik und Erzählstruktur bis
zuletzt. - Eine detaillierte Untersuchung, welche psychoanalytischen Schriften
und Themen Schmidt mehr und weniger interessierten und wie er sie gebraucht
hat, wäre sicher aufschlußreich; die "verkürzende Rezeption",
auf die Jörg Drews hinweist (Schmidt und Joyce, und im Hintergrund der
Dritte. In Protokolle, Jg. 1992, H.1, S. 11), hat möglicherweise noch
existentiellere Ursachen als Schmidts künstlerisches Temperament oder
seine Rivalität zu Freud, ZT wäre sonst wohl nicht ein so dickes
Buch geworden.